Sozialhilfeempfänger geprellt

■ Arbeitsloseninitiative der Hansestadt Bremen bringt Senat auf Trab und klagt vor dem Oberverwaltungsgericht / Die Berechnung des Regelsatzes der Sozialhilfe ist illegal

Um gut fünf Prozent, von 428 auf 451 Mark, wurde am 1. Juli bundesweit der Regelsatz der Sozialhilfe erhöht. Tatsächlich aber, so haben jetzt die Bremer Arbeitsloseninitiativen errechnet, müßten mindestens 506 Mark monatlich gezahlt werden. Mit einer Normenkontrollklage direkt vor dem Oberverwaltungsgericht wollen die Initiativen den Bremer Senat jetzt auf Trab bringen und die korrekte Auszahlung verbindlich für alle Sozialhilfeempfänger durchsetzen. Erstmals wurde in diesem Jahr der klassische „Warenkorb“ zur Berechnung der Sozialhilfe durch ein „Statistikmodell“ ersetzt. Danach werden die durchschnittlichen Verbrauchsgewohnheiten von Menschen mit einem Monatseinkommen zwischen 800 und 1.000 Mark zur Grundlage des „notwendigen Lebensunterhaltes“ gemacht. Allerdings stammen die letzten verfügbaren statistischen Zahlen aus dem Jahr 1983. Anstatt diese Zahlen nun mit der entsprechenden Preissteigerung von 13,9 Prozent hochzurechnen, haben die Länder ihre Sozialhilfekosten mit einem Trick reduziert: Sie wandten nicht die Preissteigerungsrate bei Haushalten mit niedrigem Einkommen an, sondern die durchschnittliche Preissteigerung aller bundesdeutschen Haushalte. Statt 13,9 Prozent gibt es deshalb nur 5,8 Prozent mehr als es 1983 gegeben hätte. „Das ist illegal“, meinen die Bremer Arbeitsloseninitiativen. Denn Sozialhilfeempfänger kaufen ja in der Regel keine Luxusautos und Computer. Neben diesem Statistik-Trick kritisieren die Initiativen auch die willkürliche Reduzierung der Sozialhilfe für 18- bis 24jährige auf 90 Prozent und die Aufteilung der bereits beschlossenen Sozialhilfe-Erhöhung auf die nächsten drei Jahre. Die Normenkontrollklage wird Mitte September eingereicht. Rechtsanwalt Bernd Rasehorn sieht „eine ziemlich große Aussicht auf Erfolg“, aber „auf die Entscheidung werden wir mindestens ein bis zwei Jahre warten“.

Dirk Asendorpf