Ost-Berlins Sozialstadtrat zieht Bilanz

■ Seit Anfang Juli über 6.000 Sozialhilfeempfänger ausgezahlt / Mehr als 100 Obdachlose haben sich bereits bei Ostberliner Behörden gemeldet / Behörde ist finanziell ausreichend ausgestattet

Ost-Berlin. Als Erfolg „zur Durchsetzung einer effektiven Sozialpolitik“ wertete gestern nach dreimonatiger Tätigkeit der Ostberliner Sozialstadtrat Wolfgang Sparing (CDU) die erste selbständige Sozialverwaltung im Magistrat. Auch im Haushalt sei diese Verwaltung recht gut bedacht worden: Von den beantragten 33 Millionen Mark habe sie immerhin zwei Drittel, also 22 Millionen, bekommen. Im Bereich der Unterstützung von Selbsthilfegruppen mußte die Sozialverwaltung jedoch eine schmerzhafte Kappung ihrer Ansprüche hinnehmen: Von den beantragten 750.000 DM erhielt sie nur 50.000. Sparing will beantragen, daß ein Teil der Einspielungen der Ostberliner Klassenlotterie in die Sozialverwaltung fließen, um so die über 100 bereits gegründeten Selbsthilfeprojekte doch noch unterstützen zu können.

Gerüchte, wonach die stadtbezirklichen Sozialämter erhebliche Schwierigkeiten bei der Beratung und Betreuung von Sozialhilfe-Antragstellern haben sollen, konnte Sparing nicht bestätigen. Trotz der Wartezeiten von ein bis anderthalb Stunden sei die Atmosphäre in den Sozialhilfeabteilungen „durchaus positiv“. Vom 1. Juli bis zum 24. August wurden insgesamt 1.913.000 DM an 6.150 Sozialhilfeempfänger ausgezahlt, die Zahl der Beratungen lag erheblich höher. Sparing bedauerte jedoch, daß derzeit die Sozialämter aufgrund des vom Magistrat verhängten Stellenstopps personell nicht verstärkt werden könnten. Er sprach von einem „Besetzungsnotstand“. Bis zum Ende des Jahres rechnet der Sozialstadtrat mit 20.000 Antragstellern, „ausreichende Mittel“ zur Zahlung von Sozialhilfen stünden für das zweite Halbjahr in Höhe von 45 Millionen DM zur Verfügung. Davon seien 25 Millionen als Sozialhilfen für Ostberliner eingeplant, der Rest für die Betreuung ausländischer Asylbewerber.

Deren Zahl sei seit Juli erheblich gestiegen, täglich kämen 10 bis 15 hinzu. Zwar sei es ein wichtiges Ziel, die Gleichstellung von ausländischen Mitbürgern zu erreichen, Ost-Berlin sei jedoch auf den Ansturm von Flüchtlingen nicht vorbereitet. Deshalb plädierte er dafür, die Ankommenden zu 80 Prozent im Westteil und zu 20 im Ostteil unterzubringen.

Die Zeiten, in denen es in Ost-Berlin offiziell keine Obdachlosen gab, sind ebenfalls vorbei: Über 100 Bürger, insbesondere Rückkehrer, hätten sich bei der Magistrats- und den Stadtbezirksverwaltungen bereits als obdachlos gemeldet. In den Stadtbezirken würden deshalb zur Zeit Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose geplant. Ebenfalls im Gespräch ist ein festgelegter Pool an Wohnungen für einkommensschwache Bürger. Hier sei jedoch „noch nichts Konkretes beschlossen“.

maz