Womansong

Rita Warford singspielt ab heute Meilen-Frauen des Jazz / Ein Gespräch  ■  hierhin bitte das Foto

von der sitzenden

schwarzen Frau

Rita Warford

Keine Ahnung, wie sie das anstellt. Erst ist sie Bessie Smith und singt „Baby Doll“, dann ist sie Billie Holiday mit „Billie's Blues“, dann Sarah Vaughan, Betty Carter und noch ein paar solcher Meilensteininnen, vor denen mal die Jazzgeschichte angehalten und überlegt hat, wie sie nun weitergehen könnte. Alle werden sie mit ein, zwei Liedern porträtiert.

„Womansong“ heißt die Show, die Rita Warford, sonst wohnhaft in Chicago, heute abend auf dem Eröffnungsfest der Konzertreihe „Woman in (E)Motion“ erstmals aufführt. Der Sängerin ist, heißt es, vokaltechnisch gar nichts fremd, und schauspielen und tanzen hat sie auch noch gelernt. Die taz sprach mit Rita Warford.

taz:Welche Sängerin fällt Ihnen am schwersten?

Rita Warford: Das sollte ich ja nicht sagen (lacht), die Leute werden dann extra die Ohren spitzen. Aber egal, es ist Ella Fitzgerald.

Warum?

Die Sänger ihrer Ära haben über bestimmten Formen und harmonischen Fortschreitungen improvisiert. Ich kann das schon auch, aber zuhause bin ich eben in Foto: Wolfram Steinberg

der heutigen Avantgarde. Was ich am liebsten mag, mache ich natürlich auch am besten.

Ist denn die Ära, sagen wir: Smith, Holiday, überhaupt noch wiederzubeleben?

Ja, unbedingt! Wer die Geschichte des Jazz studiert, entdeckt lauter Querverbindungen, Traditionen, Abkömmlinge. Alles, was da geschehen ist und geschieht, baut auf dem, was andere vorher gemacht haben. Ich habe altes Material von Sarah Vaughan gehört, da singt sie, vor 35 Jahren, ganz wie Ella Fitzgerald. Oder Billie Holiday, die hat die Powervon Bessie Smith, gemischt mit dem Feeling von Louis Armstrong. Die Anfänger haben geschaut auf die Etablierten, Es gibt da jede Menge, sagen wir: Formbeziehungen. Ähnlichkeiten der Stimme und ihres Umfangs, des speziellen Timbres und so. Danach gliedert sich das Material.

Und was machen Sie daraus? Altes wie neu?

Imitieren interessiert mich nicht. Ich möchte diesen Frauen schon eine Art Tribut zollen, indem ich versuche, die Person so

zusagen in der Essenz ihres musikalischen Stils wiederzugeben. Ohne mich selbst daraus hinwegzustehlen.

Was reizt daran speziell die Schauspielerin Warford?

Ich singe ja nicht nur, ich bin auch zwischendrin die Erzählerin. Da habe ich immerhin was Konstantes. Warum lachen Sie? Ich kann das wirklich gut brauchen, bei soviel Wechseln. Auch, finde ich, gehört zur Performance, daß man den Leuten auch was sagt. Es hilft ihnen, Zusammenhänge herzustellen.

Sie bringen einem gern was bei, oder?

Ja, mach ich gern. Wir haben zum Beispiel von dieser Show auch eine Version für Kinder.

Irgendwie müssen Sie die von Ihnen porträtierten Frauen ja rekonstruieren. Wie machen Sie das? Nehmen wir mal Bessie Smith.

Das ist eine, dich ich besonders liebe, ihre Kraft und Klarheit und ihre Intonation. Ich hab sie mir lange, lange angehört und soviel gelesen wie ich nur konnte. Aber entscheidend ist dann doch, diese Frauen in sich selber aufzufinden. Das macht einen nicht immer glücklich. Bessie Smith war eine sehr verlorene Frau.

Haben diese Sängerinnen dem Jazz was speziell Weibliches beigetragen?

Jede für sich. Eine einzigartige Stimme, einen Sound. Wer sie hört, erkennt sie sofort. Und alle zusammen haben, wie alle Musik, ihre Welt abgebildet. Da steckt die große Politik drin und gleich daneben etwa der geliebte Mann. Diese Musik reflektiert das, von einem weiblichen Standpunkt aus. Was sich immer wieder findet, sehr drastisch, sehr deutlich, das ist die tägliche liebe Not, klarzukommen mit elenden Verhältnissen. Daher kommt in der Jazz-Poesie das stehende Bild von der Blume mitten im plattesten Leben.

Sie kommen viel rum. Wie steht es denn heutzutage um die Frauen im Jazz?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Was hat sich geändert in all den Jahren? Wir haben eine Menge Festivals, eine Menge Musikerinnen. Aber immer gibt es diese Trennung, diese Abgrenzung zwischen Männern und Frauen, vielleicht stärker als früher. Ich weiß nicht, ob das nötig

ist. Wenn ich da die Geschichten über die Bands in den Zwanzigern lese, denke ich, das war da doch noch mehr ein Ding. Ich bin sozusagen großgeworden im Orchester eines Mannes, als Sängerin. Wenn ich zu dem kam und weitergehende Vorstellungen umsetzen wollte, hieß es schnell: Geh doch zu einem Frauenprojekt. Nix dagegen, ein Frauenprojekt zu machen. Aber die Frage ist doch: Was läuft auf der großen, der Hauptbühne? Trotzdem, ich glaube, es hilft nichts, so ein Frauenfestival hat Sinn, schon allein, weil es dringend nötig ist, daß die Jazzfrauen einander vorwärtsbringen. Wer täte es sonst? Fragen und Übersetzung: scha

Rita Warford's Show „Womansong“ ist zu sehen in der Schauburg, heute im Großen Haus beim Eröffnungsfest ab 21.00 Uhr, dann ab Sonntag bis Donnerstag, 6. Sept., im Kleinen Haus, tägl. um 22 Uhr.