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El Salvadors Militärs stellen sich stur

■ Umbesetzungen in der Armeeführung / Chef der an den Jesuitenmorden vom November 1989 beteiligten „Tandona„-Gruppe wird Verteidigungsminister / Auch andere „Tandona„-Mitglieder rücken auf / „Im Rahmen der Dienstnormen“

Von Ralf Leonhard

Oberst Rene Emilio Ponce, bisher Generalstabschef der Armee von El Salvador, wurde am Samstag zum Nachfolger von Verteidigungsminister General Larios ernannt, der vergangene Woche seinen Rücktritt eingereicht hatte. Die Bewegungen im salvadorianischen Generalstab erfolgen „im Rahmen der Dienstnormen“, erklärt ein knappes Kommunique des Präsidenten, um allen Spekulationen, die Vorgänge hätten mit den Verhandlungen mit der FMLN-Guerilla zu tun, zu begegnen. Larios soll nämlich bereit gewesen sein, die Vorschläge der Rebellen ernsthaft zu diskutieren.

In der sechsten Dialogrunde zwischen Regierung und Guerilla, die am 22.August in Costa Rica ergebnislos zu Ende ging, hatte die FMLN erneut die Säuberung der Armee und Bestrafung aller in Menschenrechtsverletzung verwickelten Offiziere gefordert. Von einer „Selbstreinigung“ der Streitkräfte kann jedoch keine Rede sein. Die Beförderung Ponces und die damit verbundenen Verschiebungen an der Spitze der Streitkräfte konsolidieren die Macht der berüchtigten „Tandona“, des 35.Jahrgangs der Militärakademie. Die noch aktiven Mitglieder dieser Gruppe haben sich laut einer Studie des US-Kongresses in Washington bis auf eine Ausnahme alle der Folter, Hinrichtung von Kriegsgefangenen oder Massaker an Zivilisten schuldig gemacht.

Mit Oberst Ponce wird der Chef der „Tandona“ Verteidigungsminister. Sein bisheriger Stellvertreter, Oberst Gilberto Rubio, wird Ponces Nachfolger als Generalstabschef. Für diesen rückt Oberst Mauricio Vargas nach, der bisherige Kommandant der 3.Infanteriebrigade mit Sitz in der umkämpften Ostprovinz San Miguel. Vargas ist Mitglied der Regierungsdelegation, die sich allmonatlich zum Dialog mit der FMLN-Führung trifft. Er wird von der FMLN beschludigt, eine Todesschwadron namens „Organisation zur Befreiung vom Kommunismus“ mitgegründet zu haben, die hunderte von politischen Morden begangen habe. Sowohl Rubio als auch Vargas gehören der „Tandona“ an. Solange diese Offiziersgruppe am Ruder ist, wird es schwierig sein, den Jesuitenmord vom vergangenen November aufzuklären: Oberst Guillermo Benavides, der höchste Offizier, dem bisher eine Beteiligung am Mord von sechs Jesuitenpatern im vergangenen November nachgewiesen werden konnte, ist ebenfalls „Tandona“ -Mitglied. Ponce und der restliche Genralstab haben systematsch Beweise vernichtet und Spuren verwischt, die zur Verurteilung der Auftraggeber des Jesuitenmordes führen könnten.

Oppositionelle Politiker in El Salvador sehen die Rochaden als Ausdruck eines Machtkampfes in der Armee. Ruben Zamora, Chef der linken „Christlich-Sozialen Volksbewegung“ (MPSC), unterscheidet zwischen einer Gruppe, „die der US-Botschaft nahesteht und versteht, daß alles verloren ist, wenn nicht verhandlet wird“. In den USA wird nämlich die Kürzung der Militärhilfe gefordert, wenn die Armee nicht von Mördern gesäubert wird. Die andere Gruppe, so Zamora, „versteht, daß sie Gegenstand der Verhandlungen sein wird, wenn es zu echten Verhandlungen kommt“. Die FMLN fürchtet eine Verhärtung der jetzt schon unflexiblen Verhandlungsposition der Militärs.

Die Säuberung der Armee ist nicht nur ein Anliegen der FMLN und des US-Kongresses. Auch eine Gruppe von Unternehmern, die vor zwei Monaten geheime Kontakte zu den Rebellen unterhielt, sieht die absolute Macht der Militärs als Bedrohung. Weihbischof Rosa Chavez verglich die Armee zuletzt mit einem „Mann, der vor der Wahrheit und seiner Verantwortung davonläuft“. Die Organisationen, denen die Teilnahme am Dialog von der Regierung versagt wird, fordern regelmäßig auf der Straße die Entmilitarisierung.

Obwohl sich die Regierung schon bei der Dialogrunde im Juli zur Verbesserung der Menschenrechtslage verpflichtet hatte, sind Aktivisten der Gewerkschaften und Volksorganisationen weiterhin Ziel von Attacken. Am Sonntag wurde ein Mitglied des Arbeitslosenkomitees CODYDES von Angehörigen der 1. Infanteriebrigade in einem Gewerkschaftslokal angeschossen und schwer verletzt. Zwei Jesuitenpater konnten Mitte August in Chalatenango einer bewaffneten Armee-Attacke auf ihr Fahrzeug unverletzt entkommen.

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