Reisebeschränkungen für Polen

■ Seit dem 1.September Null Uhr gelten an der Oder-Neiße-Grenze restriktive Einreisebestimmungen / Proteste in Polen / Der polnische Außenminister äußert unterdessen Verständnis für die Vertriebenen

Berlin (taz) - Scharfe Raktionen hat in Polen der Beschluß ausgelöst, die Einreisemöglichkeiten für Polen in West-Berlin ab 1.September, dem 51. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, zu beschränken. Beide deutschen Regierungen und die drei Westmächte hatten vereinbart, an der Oder-Neiße-Grenze polnische Bürger mit dem Reiseziel West-Berlin nur noch dann einreisen zu lassen, wenn sie eine Hotelbuchung, eine Einladung und einen bestimmten Betrag in frei konvertierbarer Währung vorweisen können.

Damit hat West-Berlin die Regelung übernommen, die in der DDR schon seit Ende der siebziger Jahre gilt. Für die Bundesrepublik dagegen benötigen Polen nach wie vor ein Einreisevisum plus 50 DM Devisen pro Besuchstag.

Als „unverständlich“ kritiserte Krystof Szumski die neuen Einreisebeschränkungen für Polen, die zudem ohne jegliche Unterrichtung der polnischen Behörden erfolgt sei. Auch die Wahl des Termins - diese politische Instinktlosigkeit wurde auch in den polnischen Medien herausgestellt - sei den zwischenstaatlichen Beziehungen nicht gerade förderlich. Angesichts dieser Situaion sei es dringend notwendig, generelle Regelungen für den Reiseverkehr zwischen Polen und dem vereinten Deutschland auszuarbeiten. Polen sei gesprächsbereit und hoffe auf positive Signale aus Bonn.

Die neuerliche Einreisebeschränkung sollte nach den Vorstellungen der Bundesregierung und des Senats schon für den 1. Juli, dem Tag vor der Währungsunion, in Kraft treten. Doch zu diesem Zeitpunkt zeigten sich die West-Allierten noch uneins. Schließlich entsprach die bisherige Einreisepraxis einem Beschluß der Alliierten von 1967, die es Polen und den Bürgern anderer „Ostblockstaaten“ sowie Jugoslawiens und Albaniens den Aufenthalt in West-Berlin für 31 Tage erlaubte, ohne ein Visum beantragen zu müssen.

Am Samstag gedachte Polen der vielen Millionen Opfer, die der von Deutschland angezettelte Krieg forderte. Der polnische Außenminister Krystof Skubiszewski äußerte an diesem Tag „großes Verständnis“ für die Leiden der Deutschen, die nach dem Krieg ihre Heimat in Schlesien, Pommern und Masuren verlassen mußten. Die Aussiedlung seien Folgen der Vereinbarungen der damaligen Alliierten gewesen. Die Polen, so der der Außenminister, könnten auch deshalb gerade mit den deutschen Vertriebenen fühlen, da auch viele Polen ihre Heimat im Osten verlassen mußten und ebenfals zu Umsiedlern wurden. Die jetzt entstandene territoriale Ordnung sei die Grundlage der Versöhnung und des neuen Anfangs. Es gelte, möglichst viele Verbindungen zwischen beiden Völkern zu schaffen. Zu den neuen Einreisebeschränkungen für Polen in Deutschland äußerte sich der Außenminister nicht.

er