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UdSSR schlägt Nahostkonferenz vor

■ Schewardnadse steckt Positionen für Gipfeltreffen in Helsinki ab / Generalsekretär der Arabischen Liga zurückgetreten / Irak stellt Schuldenrückzahlung ein und will Lebensmittel für die Geiseln

Moskau/Kairo/Washington (afp/dpa/adn) - Der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse hat am Dienstag in Wladiwostok eine internationale Nahostkonferenz zur Lösung der Golfkrise vorgeschlagen. Den Irak bezeichnete der sowjetische Außenminister als einen „räuberischen Staat“. Unter den Möglichkeiten zur Lösung der Golfkrise erwäge die Sowjetunion, die Abhaltung einer internationalen Nahostkonferenz, sagte der sowjetische Minister. Die Zustimmung Israels zu einer solchen Konferenz könnte großen Einfluß auf die allgemeine Situation im Nahen Osten und auf die Bemühungen haben, die Golfkrise zu reduzieren, betonte Schewardnadse.

Die israelische Regierung hat gestern bereits auf den Vorschlag Schewardnadses sehr skeptisch reagiert. Ministerpräsident Izchak Schamir sagte, er werde den Vorschlag „sorgfältig prüfen“, wenn er Israel über die üblichen diplomatischen Kanäle vorgelegt werde. Israels künftiger Botschafter in den USA, Salman Schowal, wies das Kreml-Angebot zurück. Wenn Israel jetzt einer internationalen Konferenz zur Beendigung des Konflikts am Golf zustimme, könne es kaum die von Moskau und den arabischen Staaten geforderte internationale Konferenz zur Lösung des Palästinenserproblems zurückweisen.

Unterdessen ist am Montagabend der Generalsekretär der Arabischen Liga, Chedli Klibi, von seinem Amt zurückgetreten. Der Rücktritt Klibis ist ein weiterer Hinweis auf die tiefe Zerissenheit der Organisation, die nach Ansicht politischer Beobachter anläßlich der Neuwahl eines Generalsekretärs endgültig zerbrechen könnte. Klibis Rücktritt steht offensichtlich in unmittelbarem Zusammenhang mit den geteilten Auffassungen der 21 Liga-Mitglieder über den Einmarsch des Irak in Kuwait und die Stationierung internationaler, vornehmlich amerikanischer Truppen am Golf. Klibi hatte am Freitag während der Ministerratssitzung in Kairo versucht, die beiden kontroversen Positionen zusammenzuführen. Dies trug ihm scharfe Kritik vor allem von seiten Saudi-Arabiens und Syriens ein.

Irak hat am Montag als Reaktion auf das Wirtschaftsembargo der UNO die Rückzahlung von Auslandsschulden eingestellt. Nach einem Bericht der Bagdader Nachrichtenagentur 'Ina‘ gab dies der amtierende irakische Handels- und Finanzminister Mohammed Mahdi Saleh bekannt. Die Auslandsschulden Iraks werden auf 30 bis 35 Milliarden Dollar geschätzt.

Laut 'Ina‘ forderte der irakische Außenminister Tarik Asis am Montag jene Länder, deren Bürger in Irak festgehalten werden, auf, diesen Lebensmittel zu schicken. Gegenüber einem Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) habe Asis erklärt, Irak sei nicht dafür verantwortlich, wenn diese Personengruppe unter Lebensmittelmangel zu leiden habe, hieß es in dem Bericht.

Gestern konnten 98 Bundesdeutsche, die zuvor aus Kuwait gefohen waren, den Irak per Flugzeug nach Amman verlassen. Ein Konvoi von 300 britischen Frauen und Kindern war dagegen noch auf dem Weg nach Bagdad, von wo ihre Weiterreise ungeklärt ist.

Saudi-Arabien hat offiziell Berichte des USA -Nachrichtenmagazins 'Newsweek‘ dementiert, wonach eine Operation westlicher Geheimdienste zum Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein geplant sei. Stattdessen hat es zwischen den US-Truppen und ihren saudi-arabischen Gastgebern nach Berichten der 'Washington Post‘ ein Streit über den Oberfehl für die US-Streitkräfte gegeben. Der saudische Generalleutnant Chalid bin Sultan vertrat die Ansicht, daß die USA für eine Offensive von saudischem Boden die Erlaubnis Riads benötigten. US-Präsident George Bush und König Fahd müßten sich demnach absprechen. Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Saudi-Arabien, General Norman Schwarzkopf, hielt dagegen, daß die Truppen so daran gehindert würden, flexibel auf militärische Herausforderungen zu reagieren.

Auch in anderen arabischen Ländern liegen die USA mittlerweile mit den örtlichen Autoritäten im Clinch. Laut 'New York Times‘ wurden heimlich Kampfflugzeuge in mehreren Golfstaaten stationiert ohne die Regierungen zu unterrichten.

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