Der japanische Büchsenbär

In den französischen Pyrenäen gibt es nur noch 13 Bären. Der Pariser Umweltstaatssekretär Brice Lalonde hat nun die Jagd auf die vom Aussterben bedrohten Raubtiere verboten. Darüber hinaus ordnete er an, den Verkehr und die Forstwirtschaft im Bärengebiet zu beschränken. Vor allem im Frühjahr und Herbst müsse die Ruhe der Bären garantiert werden, erklärte der besorgte Mann.

Die Japaner kennen diese Sorgen nicht. Im Gegenteil: sie fressen ihre letzten Bären auf. Die Insel Hokkaido bietet als kulinarische Attraktion Bärenfleisch in Dosen an. „Es ist eine Seltenheit und eine Spezialität von Hokkaido“, erklärte Tadashi Aikawa von der Vereinigung der Souvenir

händler den neuen Verkaufschlager. Der Bär in der Dose ist lecker angerichtet mit Bambussprossen, Brühe, Sojasoße und Zucker. Umgerechnet 8,50 Mark muß der Gaumenfreund für eine 100-Gramm-Dose hinblättern. Wer nicht auf Bärenfleisch steht, kann wählen zwischen Büchsen mit Delphin-, Seehund-, Robben- oder Hirschfleisch, die in einer ähnlichen Preiskategorie liegen. Umweltschützer versuchen verzweifelt, den Japaner den Appetit zu verderben. Die Organisation TRAFFIC - sie überwacht im Auftrag des World Wildlife Fund das Geschäft mit Tieren, die unter Artenschutz stehen - will sich speziell um Meister Petz kümmern. „Wir sind sehr besorgt, was den Handel mit Bärenfleisch in Japan anbelangt“, klagt Tom Milliken von TRAFFIC. Niemand weiß, wie viele Braunbären der Art Ursus

Arctus es noch auf Hokkaido gibt. Das Töten der Tiere ist zwar im Frühjahr verboten, um ihre Vermehrung sicherzustellen. Aber Bärenjäger werden auch in der verbotenen Periode nicht belangt, wenn sie angeben, in Notwehr gehandelt zu haben. Die

Jagd ist ein lohnendes Geschäft. Der ganze Bär kann vermarktet werden. Das Fleisch wird eingedost, das Fell zu Bettvorlegern verarbeitet, Krallen und Zähne zu Schmuckstücken, und aus den Innereien werden Medikamente und Aphrodisiaka hergestellt.

Der Bär in der Büchse ist gefragt wie nie zuvor, jährlich werden 7.200 Dosen der Delikatesse verkauft. Minoru Oikawa, Chef der Firma Shikanomichi, Marktführer in Sachen Bärenfleisch, sorgt sich ebenfalls um den Bestand der Braunbären. „Wir können einfach nicht mehr verkaufen, weil das Fleischangebot sehr begrenzt ist“, jammert er. Daß der Braunbär in Japan aussterben könnte, hält er für Quatsch. Die Tiere seien „schädlich und gefährlich“ meint er und es sei nur gut wenn man sie in Dosen stopft und aufißt.

Karl Wegmann