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Knacki on the roof

■ Häftling aus Rummelsburg protestiert gegen seine Verurteilung

Treptow. Ein Insasse der Ostberliner Männerhaftanstalt Rummelsburg hat am Mittwoch mehrere Stunden aus Protest gegen seine Verurteilung auf dem Dach des Knastes verbracht. Der dreifach Vorbestrafte wollte mit seiner Aktion der Forderung nach einer Amnestie für Strafgefangene in der DDR Nachdruck verleihen. Nach einem etwa einstündigen Gespräch mit DDR-Innenminister Diestel und der Volkskammerabgeordneten Vera Wollenberger (Bündnis 90/Grüne) verließ er den Hochsitz wieder und kehrte in seine Zelle zurück.

Der Mann hatte sich zum Sprecher seiner Mitgefangenen gemacht und darauf hingewiesen, daß die in der DDR gefällten Urteile unter dem SED-Regime und unter dem Einfluß der Stasi gefällt worden seien. Bereits am Nachmittag hatte ein Beauftragter der Volkskammerpräsidentin mit dem wegen Betrug und Diebstahl vorbestraften Mann gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich aber noch geweigert, den 25 Meter hohen Schornstein des Heizhauses zu verlassen.

Innenminister Diestel erklärte im Anschluß an das Gespräch, daß er sich nicht erpressen lasse und auch keine Zugeständnisse gemacht habe. Er äußerte aber Verständnis für die Unruhe der Gefangenen angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen im Land. Die Gesellschaft habe aber ein Recht darauf, daß Verbrecher ihre Strafe sühnen müßten. Sein Gesprächspartner sei kein „politischer Straftäter“ gewesen.

Bereits am Montag hatten der Ostberliner Innenstadtrat Thomas Krüger und der Westberliner Staatssekretär für Justiz, Wolfgang Schomburg, die Haftanstalt Rummelsburg besucht und mit mehreren Gefangenen gesprochen. In Rummelsburg sitzen zur Zeit noch 145 Gefangene, darunter 25 Ausländer und neun Westberliner beziehungsweise Westdeutsche. Schomburg und Krüger, denen die Gefangenen von mehreren dubiosen Verurteilungen berichteten, verwiesen auf eine nach dem 3. Oktober geplante Einzelfallprüfung. Die Rechtsaufsicht über die in Ost-Berlin einsitzenden Gefangenen geht am 3. Oktober auf Magistrat und Senat über.

ccm

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