: Eilfahrplan für Quotierung
■ Landes-Antidiskriminierungsgesetz auf parlamentarische Schiene gesetzt / Es soll Ende September verabschiedet werden / Entwurf mußte Federn lassen
Berlin. Das langversprochene Kernstück rot-grüner Frauenpolitik, das Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG), ist auf die parlamentarische Schiene gesetzt. Geht alles nach Plan, soll das Gesetz über die Quotierung im öffentlichen Dienst noch Ende September auf einer Sondersitzung verabschiedet werden. Nachdem jetzt die Fraktionen von AL und SPD den Entwurf ins Abgeordnetenhaus einbrachten, soll er in der kommenden Woche die Ausschüsse passieren, die erste Lesung ist für Mitte September geplant. Der enggesteckte Zeitrahmen ist dem rasanten Vereinigungstempo geschuldet. Denn das stellte die Frauenpolitikerinnen der Koalition vor die Aufgabe, noch möglichst vor den Neuwahlen am 2. Dezember bzw. vor dem Beitrittstermin der DDR am 3. Oktober Fakten zu schaffen.
Dabei hat der Entwurf aus dem Haus von Frauensenatorin Anne Klein (AL) allerdings Federn lassen müssen. Deutlich nähert er sich jetzt den „Gleichstellungsgesetzen“ SPD-regierter Bundesländer an. So wurde die neuartige Generalklausel, die die Diskriminierungstatbestände detailliert benannt hatte, wieder gekippt. Herausgefallen ist weiter das umstrittene Verbandsklagerecht für Frauenverbände und das Verbot frauendiskriminierender Darstellungen. Das LADG beschränkt sich nun auf die Frauenförderung im Erwerbsleben. „Ein Gesetz in der Breite, wie wir es vorhatten, hätten wir in diesem Zeitraum nicht mehr geschafft“, erklärte Lydia Hohenberger, frauenpolitische Sprecherin der AL. Bei den Verhandlungen mit der SPD sei aber ein „gangbarer Kompromiß“ herausgekommen.
Das LADG bindet die Berliner Verwaltung und die „öffentlich -rechtlichen Körperschaften und Anstalten und Stiftungen“ und das heißt mehr als der Bürokratenausdruck vermuten läßt: Schulen und Krankenhäuser, Universitäten und Rundfunkanstalten, Gerichte und Gefängnisse. All diese Ämter und Behörden werden bei Einstellungen und Beförderungen auf eine 50-Prozent-Quote für Frauen verplichtet.
Bei Ausbildungsplätzen soll sogar eine sogenannte Ergebnisquote herrschen: Hier müssen mindestens 50 Prozent der Plätze an Frauen vergeben werden. Abstriche gab es allerdings beim entscheidenden Begriff der Qualifikation. Weil die bisherigen Erfahrungen zeigen, daß bei geforderter „gleicher“ oder „gleichwertiger“ Qualifikation immer Männer die besseren Chancen hatten, wollte Anne Klein lediglich die „erforder- liche Qualifikation“ zum Krite rium machen. Das wurde gegen über der SPD nur teilweise durch gesetzt.
Bei Beförderungen gilt die „gleichwertige“, bei Einstellungen die „erforderliche Qualifikation“. Neu gegenüber den bisherigen Gleichstellungsgesetzen ist die Einflußnahme auf die Privatwirtschaft. Bei Aufträgen der öffentlichen Hand über 10.000 Mark sollen die Firmen bevorzugt werden, die „ausweislich“ Frauenförderung im Programm haben. Auch Subventionen sollen davon abhängig gemacht werden. Erfreulicherweise wurden im LADG erstmals auch Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz formuliert.
Helga Lukoschat
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