: Demokratische Zukunft für Kuwait?
■ Kuwaitische Exilregierung will einen Volkskongress einberufen/ Moslemische Weltliga unterstützt Saudi-Arabien gegen Saddam Hussein/ US-Außenminister Baker reist nach Syrien
Berlin (adn/afp/dpa/taz) — Mehr als vier Jahre nachdem sie die Nationalversammlung auflöste, will die kuwaitische Regierung einen Volkskongress einberufen, der sich in allen Bereichen mit der Zukunft des Anfang August von Irak annektierten Landes befassen soll. Ob dabei auch eine Demokratisierung des Emirats nach einem Abzug Iraks ins Auge gefasst werden soll, wollte Kronprinz und Ministerpräsident Scheik Saad Al Abdallah Al Sabbah bei der entsprechenden Ankündigung in Paris jedoch nicht versprechen. Auch gab der Scheik keine Informationen, wer an dem Kongress teilnehmen und wo die Versammlung stattfinden soll. Kuwait sei nicht zu Abstrichen an den Resolutionen der UNO bereit, sagte der Scheik, und werde nicht auf den geringsten Fingerbreit kuwaitischen Territoriums verzichten. Jedoch sei man sich der katastrophalen Folgen bewußt und wolle keinen Krieg. Der Kuwaiti zeigte sich mit den Ergebnissen des Gipfels von Helsinki zufrieden und freute sich über die Entschlossenheit der EG bei der Einhaltung der Sanktionen gegen Irak.
Die moslemische Weltliga hat unterdessen Saddam Hussein das Recht abgesprochen, zum Heiligen Krieg aufzurufen. "Ein Heiliger Krieg kann nur gegen Feinde des Islam ausgerufen werden", sagte der Generalsekretär Abdullah Omar Naseef bei einem Treffen von Islam-Gelehrten in Mekka. Saudi Arabien habe rechtens gehandelt, nach dem Einmarsch Iraks in Kuwait ausländische Truppen ins Land zu holen. In Zeiten schwerer Bedrohung sei es einem Land mit islamischem Recht gestattet, Hilfe bei moslemischen und nichtmoslemischen Kräften zu suchen. Der wiederholte Aufruf Bagdads zum Heiligen Krieg gegen die Regierungen in Riad und Kairo sowie gegen ausländische Truppen wird gemeinhin als Versuch gewertet, oppositionelle fundamentalistische Strömungen in den islamischen Gesellschaften für Baghdads Ziele zu mobilisieren.
Die kuwaitische Nachrichtenagentur 'Kuna‘ berichtete gestern über ein Massaker an 15 kuwaitischen Bürgern, das irakische Besatzungssoldaten bereits am Samstag verübt hätten. Mehrere tausend irakische Frauen haben gestern vor der US- Botschaft in Bagdad gegen das militärische Engagement der USA am Golf und gegen das UN-Handelsembargo demonstriert. Die Irakerinnen brachten zum Teil ihre Kinder mit und protestierten dagegen, „Unschuldigen die Milch vorzuenthalten“, berichteten Augenzeugen. Es handelt sich dabei bereits um die zweite antiamerikanische Demonstration in Bagdad innerhalb von 24 Stunden.
Die US-Regierung hat am Montag erinnert, daß die UNO-Sanktionen gegen Irak auch für Erdöl gelten, egal zu welchem Preis es gehandelt werde. Damit reagierte das Weisse Haus auf die Ankündigung Saddam Husseins, Entwicklungsländern auf Verlangen umsonst Erdöl zu liefern. Die Tatsache, daß Saddam Hussein glaube, die Länder der Dritten Welt würden bereit sein, die Prinzipien des Nichtangreifens und der Freiheit für sein Erdöl, beziehungsweise das von ihm beschlagnahmte Öl aufzugeben, sei eine Beleidigung für diese Länder, sagte Regierungssprecher Fitzwater.
Für gestern Abend hatte Präsident Bush eine Rede vorm Kongreß angekündigt, in der er seine Golfpolitik darlegen wollte: warum die USA sich um Kuwait sorgen, und welchen Weg Washington zur Wahrnehmung seiner Interessen einschlagen will.
US-Außenminister Baker wird morgen in der syrischen Hauptstadt Damaskus erwartet. Es ist der erste ranghohe US-Besuch nach dem Attentat von Lockerbie. Die USA verdächtigen Syrien, die Terrororganisation des Ahmed Jibril zu unterstützen. Syriens Präsident Assad und Saddam Hussein sind Erzfeinde.
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