Giftgas-Zug in der Aula

■ Schulzentrum Rübekamp: Projektarbeit „Giftgas“ statt Unterricht nach Lehrplan

Giftgas stellt das Schulzentrum Rübekamp in Walle für eine Woche auf den Kopf. Schon auf dem Schulhof werkeln weißbemalte Gestalten an einer Statue herum, dem „unbekannten Schulboykotteur“. Der Giftgas-Zug rollt mitten durch die Aula: SchülerInnen haben ihn auf ein Wandbild gemalt und die passenden Parolen gleich daneben auf Plakate. Nicht nur mit Pinseln, auch mit Mikrophonen haben sich andere SchülerInnen bewaffnet. In und vor der Schule führen sie Interviews für Schulradio. fürs Schulradio.

Ein ziemliches Chaos auf den ersten Blick, doch der Infostand hat den Überblick: Insgesamt gibt es sechs selbstorganisierte Projekte. Darunter die Protestgruppe, verantwortlich für Flugblätter und Plakate. Die Pressegruppe gibt die neuesten Infos weiter und arbeitet an einer Fotodokumentation. Das Schulradio kommt über die Lautsprecher in alle Gänge und Klassenräume. Und dann gibt es noch die „Giftgas-Allgemeingruppe“. Ganz allgemein informiert sie über das Giftgas und die Folgen.

„Viele haben Angst, daß sie Unterrichtsstoff verpassen. So haben wir mit 30 Leuten begonnen, aber jetzt trauen sich immer mehr mitzumachen,“ erklärt Tülay von der SchülerInnenvertretung. Unterricht findet nur noch in unterbesetzten Kursen oder gar nicht mehr statt. Die LehrerInnen begnügen sich mit ein paar Hausaufgaben. Die müssen aber erst fertig sein, wenn der letzte Chemiewaffen-Zug Bremen passiert hat.

Aber ganz so groß ist die Euphorie nun doch nicht, einige machen blau. Das ist auch das Problem von Schulleiter Koy: „Ich nehme die Ängste der SchülerInnen ernst und akzeptiere den Protest in Form von Evakuierung oder Alternativ-Schule. Doch die SchwänzerInnen fehlen unentschuldigt und müssen mit Konsequenzen rechnen.“ Das allerdings wollen die SchülerInnen nicht hinnehmen. Gibt es keine TeilnehmerInnen-Listen, dann wird es auch keine Anweseneheitskontrollen geben, haben sie sich überlegt.

Im Zwiespalt sind die BerufsschülerInnen am Schulzentrum. Einige wollen mitmachen, aber viele haben Angst vor Sanktionen der Betriebe: „Wir sind noch in der Probezeit, da können wir uns sowas nicht leisten. Außerdem wird uns für unentschuldigtes Fehlen ein Urlaubstag abgezogen,“ klagen zum Beispiel die Brauer und Mälzer. Und einem Schüler im Berufsgrundbildungsjahr ist es einfach egal, was an der Schule läuft: „Das bringt doch alles nichts. Die sollten froh sein, daß das Zeug endlich weggebracht wird!“ ul