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Kambodscha: Immer noch wenig Hoffnung

Trotz internationalem Druck gehen die Kämpfe auch nach den Jakarta-Verhandlungen weiter/ Die Roten Khmer setzen auf Zeit/ Im neu gebildeten Nationalrat SNC haben sie wie jede andere Partei Vetorecht und werden davon Gebrauch machen  ■ Von Larry Jagan

Anfang dieser Woche fiel in Jakarta der Vorhang nach einem weiteren Akt des kambodschanischen Friedenstheaters. In einem gemeinsamen Statement verkündeten die vier zerstrittenen Khmer-Fraktionen die „vollständige Anerkennung des UN- Friedensplanes“, den der UN-Sicherheitsrat im August angenommen hatte, und die Bildung eines Obersten Nationalrates (SNC). Obschon die Resultate des Jakarta-Treffens weltweit als diplomatischer Durchbruch gefeiert wurden, war das Drehbuch sorgsam von den Supermächten verfaßt worden, die die verschiedenen Protagonisten in dem Konflikt unterstützen.

Wie es ein hochrangiger indonesischer Diplomat formulierte, hatten die Khmer-Fraktionen gar keine andere Wahl, als dem UN-Plan vermeintlich zuzustimmen. Alle Supermächte hatten sich hinter den Vorschlag gestellt und keine Anstrengung gescheut, die kambodschanischen Fraktionen zu überzeugen: Die USA lockten Hun Sen mit der Aussicht auf direkte diplomatische Kontakte mit Phnom Penh — logische Folge der veränderten außenpolitischen Haltung zu Indochina, wie James Baker gegenüber dem Senat erklärte — nachdem Hun Sen gedroht hatte, nicht persönlich in Jakarta zu erscheinen. Bezeichnenderweise dinierte der US-Botschafter in Jakarta noch am Vorabend des Treffens mit Hun Sen. Es war die erste wirkliche direkte diplomatische Tuchfühlung zwischen den beiden Ländern seit mehr als einem Jahrzehnt. Ein weiteres Treffen ist in naher Zukunft in der laotischen Hauptstadt Vientiane vorgesehen.

Im Gegenzug bot die Sowjetunion Gespräche mit Prinz Sihanouk und den Führern der Widerstandskoalition an. Washington bedeutete der Koalition diskret, daß sie ihren Sitz in der UNO verlieren würde, falls das Jakarta-Treffen ohne Abkommen zu Ende ginge. Aber wie diplomatische Kreise glauben, war für das Ergebnis in Jakarta letztendlich eine Begegnung zwischen China und Vietnam auf hoher Ebene ausschlaggebend. Der chinesische Botschafter in Hanoi hatte der vietnamesischen Regierung wenige Tage vor Jakarta erklärt, daß China die Normalisierung der Beziehungen als höchst wünschenswert und dringlich betrachte. Tatsächlich haben sich die Khmer-Fraktionen aber auf nicht mehr als die Bildung und Zusammensetzung des Nationalrates geeinigt. Es scheint, als hätte sich Hun Sen dabei durchgesetzt, da sechs Repräsentanten Phnom Penhs und je zwei Vertreter der Koalitionsfraktionen vorgesehen sind. Die Roten Khmer hatten immer darauf bestanden, daß jede der Khmer-Fraktionen gleichgewichtig vertreten sein sollte. Obwohl Sihanouk nicht als einer der Ratsmitglieder nominiert wurde, ist die Nominierung und Wahl eines dreizehnten Mitgliedes zum Ratspräsidenten vorgesehen. Dies entspricht exakt Sihanouks Vorschlag, den er in Peking noch kurz vor dem Beginn der Jakarta-Gespräche unterbreitet hatte. Da aber alle Entscheidungen des Nationalrates im Konsens getroffen werden müssen, haben alle Mitglieder de facto ein Vetorecht bei allen Vorschlägen, deren Durchsetzung sie verhindern wollen.

Fragen des Waffenstillstandes, der Entwaffnung, zur Rolle der UNO-Friedenstruppen und der Interimsregierung bleiben ungelöst. Nach Ansicht des australischen Außenministers Gareth Evans, dessen Vorschläge die Basis des UN-Friedensplanes bilden, war die Bildung des SNC ein entscheidender erster Schritt zum Frieden. Die genannten anderen Fragen sollen vom SNC nach seinem Gründungstreffen diskutiert werden, das für den Anfang nächsten Monats vorgesehen ist. In der Zwischenzeit geht der Bürgerkrieg in gleicher Heftigkeit weiter. Die Tinte auf dem gemeinsamen Kommuniqué war noch nicht getrocknet, da riefen die Roten Khmer ihre Kampftruppen bereits auf, ihre militärischen Aktionen zu intensivieren. „Obwohl alle Fraktionen eine gewisse grundlegende Übereinkunft gewonnen haben“, so der Untergrundsender der Roten Khmer, „müssen wir unseren Kampf fortsetzen, bis der letzte Vietnamese aus unserem Land vertrieben ist.“

Wie Abtrünnige der Roten Khmer unlängst berichteten, unterrichtet Pol Pot noch immer persönlich die Kader der Roten Khmer. „Mit der Aufgabe des Kommunismus“, erklärt er seinen Schülern, „hat die Bewegung ihre Schale abgelegt, nicht jedoch die Frucht. Die Politik hat sich geändert, der Geist jedoch bleibt der alte.“ Seine Schüler sollten es vermeiden, von dem zu sprechen, was chinesische Diplomaten als „Exzesse der Vergangenheit“ bezeichnen. „Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf die vietnamesische Aggression richten und von den Fehlern unserer Vergangenheit ablenken.“

Es gehört zur Strategie der Roten Khmer, eine Friedensregelung und folgende Wahlen so lange wie möglich hinauszuzögern, um möglichst viele ihrer Kader in die kambodschanischen Dörfer einzuschleusen.

Nach Angaben thailändischer Militärs halten die Roten Khmer an ihrer Strategie fest. Unbestätigten Berichten zufolge sind über 50.000 Flüchtlinge in den von den Roten Khmer gehaltenen Gebieten auf der Flucht. In mehreren größeren Provinzstädten einschließlich Battambangs soll die Regierung neue Ausgangssperren verhängt haben.

Größtes Problem des vorliegenden UN-Plans ist, daß man sich bis jetzt noch nicht auf einen Waffenstillstand geeinigt hat, und die „Entwaffnung“ der Kämpfer nur vage geregelt ist. Es ist natürlich sehr einfach, die Regierungssoldaten zu erkennen und zu entwaffnen. Und genau darauf bauen die Roten Khmer. Optimisten weisen darauf hin, daß China nun zugestimmt habe, die Waffenlieferungen an die Roten Khmer einzustellen. Doch in den vergangenen elf Jahren haben die Roten Khmer sich gezielt eine eigene finanzielle Basis geschaffen. Sie erzielen bereits Tausende von US-Dollars pro Woche mit dem lukrativen Edelsteinhandel an der Grenze, und machen erhebliche Profite durch den Verkauf von Teakhölzern, die über Thailand exportiert werden.

Bis sich die internationale Gemeinschaft, insbesondere China und Thailand, auf konkretere Maßnahmen zu ihrer Entwaffnung verständigt hat, werden die Roten Khmer ungeachtet aller Friedenspläne weiterkämpfen.

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