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DDR bis November EG-integriert

■ 17 Millionen Ostdeutsche können bis 1994 lediglich 18 Beobachter in das EP entsenden

Straßburg (taz) — „Ermächtigungsgesetz“, schimpfte der bundesdeutsche Euro-Grüne Telkämper, „wundervolle Planlosigkeit der Demokratie“, frohlockte der britische Sozialist Donnelly.

Trotzdem beschloß die große Mehrheit der Europaparlamentarier in zwei Lesungen am Dienstag und Donnerstag, die EG-Kommission in Brüssel zu ermächtigen, zwischen dem 3. Oktober und Ende November die von der EG-Behörde vorgeschlagenen Übergangsregelungen für die Integration der DDR in die EG anzuwenden.

Eine Gruppe von zehn DDR- Volkskammervertretern lauschte der Debatte auf den Besucherbänken. Da die 1989 gewählten 81 bundesdeutschen Europa-Abgeordneten ihr Mandat nicht freiwillig zur Verfügung stellen, werden die 17 Millionen Ostdeutschen bis zur nächsten Wahl 1994 im Europaparlament (EP) lediglich 18 Beobachter in das EP entsenden können. Darauf einigten sich die beiden großen Fraktionen im EP, die Sozialisten und die Christdemokraten, diese Woche in Vorgesprächen. Nächste Woche soll dazu die Änderung der Geschäftsordnung beantragt werden. Viele Abgeordnete der anderen Länder befürchten, dadurch einen Präzedenzfall für die Zeit nach 1994 zu schaffen: Die Deutschen könnten dann 99 Abgeordnete fordern, was das bestehende Gleichgewicht (je 81 Abgeordnete für die vier großen Länder Italien, Frankreich, Großbritannien sowie die Bundesrepublik und entsprechend ihrer Einwohnerzahl weniger für die kleineren Länder) verletzen würde.

Die bislang einmalige legislative Prozedur der Übergangsregelung für die DDR sei nötig, so der zuständige Berichterstatter des Parlaments, Donnelly, weil die beiden entscheidenden EG-Gremien — Ministerrat und Europaparlament — dem Einigungstempo nicht folgen können. Sie werden voraussichtlich erst Ende November ihren Entscheidungsprozeß abschließen. „Um aber zu verhindern, daß die DDR nach dem 3. Oktober vor die unmögliche Situation gestellt wird, alle EG-Gesetze voll anwenden zu müssen“, plädierte EP-Präsident Enrique Baron für die Sonderermächtigung, um die von der EG-Kommission vorgeschlagenen Anpassungs-, Übergangs- und Ausnahmeregelungen in Kraft zu setzen. Mit der Vereinigung werden die EG-Verträge (Primärrecht) und alle von den EG-Gremien gefaßten Beschlüsse (abgeleitetes Recht) automatisch für das Gebiet der DDR gelten.

Die Grünen im Europaparlament stimmten gegen die Sonderermächtigung: „Nach langen Kämpfen hat das EP endlich erreicht, in das legislative Verfahren zur Integration der DDR in die EG einbezogen zu werden. Und nun gibt es alle Möglichkeiten zur demokratischen und ökologischen Kontrolle einfach aus der Hand.“ Michael Bullard

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