Deutsch-französische Brigade — ein Anachronismus

■ CDU und SPD verspielen die Chance des totalen Abzugs der Franzosen/ Grüne: „Zu kurz gegriffen“

Trier (taz) — „Fast schon Erleichterung“ verspürten viele der bei der französischen Armee in Trier beschäftigten deutschen Zivilangestellten über das Ergebnis des Münchner Gipfeltreffens zwischen Kohl und Mitterrand. Am größten bundesrepublikanischen Stationierungsort französischer Truppen hatte man sich bereits auf einen Totalabzug der westlichen Nachbarn eingestellt, sagt der Vorsitzende der Arbeiternehmervertretung, Detlef Schieben. Da sei der vereinbarte Teilabzug — von den 51.000 stationierten Soldaten sollen in den nächsten beiden Jahren 30.000 abgezogen werden — aus Arbeitnehmersicht die bessere Lösung.

Demnach würden wohl zwei Divisionen ganz zurückgezogen oder gar aufgelöst und eine bliebe erhalten, so die Einschätzung der Betriebsvertretungen. In einer von CDU-Landespolitikern vorgeschlagenen Stationierung einer deutsch-französischen Brigade an einem oder gar mehreren Standorten sehen die Arbeitnehmervertreter ebenso wie die grüne Opposition keinen Sinn.

Ebenfalls „ganz froh“ zeigt sich die rheinland- pfälzische SPD-Opposition darüber, daß mit dem angekündigten Teilabzug „noch ein bißchen Luft“ für die Unterbringung der Zivilangestellten geschaffen werde.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Kurt Beck sagte der taz, zwar begrüße die SPD die Abrüstung, andererseits unterstütze man die Idee einer deutsch-französischen Brigade im Lande. Die SPD plädiere außerdem dafür, die hochqualifizierten Arbeitnehmer zum Teil im öffentlichen Dienst unterzubringen, wie das auch von der Gewerkschaft ÖTV gefordert wird.

Für die Grünen im Lande sind die Münchner Ergebnisse nicht ausreichend. „Zu kurz gegriffen“, meinen die Grünen. Als „Abrüstungsverhinderer“ habe Kohl die einmalige Chance verspielt, den totalen Abzug der Franzosen und die damit verbundenen Chancen, wie freiwerdenden Wohnraum, zu nutzen.

Den Grund für Kohls Rolle als „Abrüstungsverhinderer“ vermuten die Grünen in völlig mangelhaften Vorbereitungen der Landesregierung auf den seit langem diskutierten Abzug. Den Plan einer gemeinsamen Brigade bezeichnen die Grünen als „militärischen und politischen Anachronismus“. Thomas Krumenacker