piwik no script img

Mit 930 Milliarden Mark in der Kreide

■ Prozentual doppelt soviel ausgegeben wie eingenommen

Wiesbaden (dpa) — Der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte nähert sich der Höhe von 1.000 Milliarden DM. Zur Jahresmitte — drei Monate vor der Vereinigung der Bundesrepublik und der DDR und den damit verbundenen zusätzlichen Belastungen — waren die Staatsschulden bereits auf 930,5 Milliarden DM angestiegen. Am 30. Juni 1989 hatte der Schuldenberg von Bund, Lastenausgleichsfonds, ERP-Sondervermögen, Ländern und Gemeinden dagegen erst 895,7 Milliarden DM betragen. Dies geht aus einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes vom Montag in Wiesbaden hervor.

Die entscheidende Ursache für die Expansion der Finanzierungslücke um fast 35 Milliarden DM liegt im doppelt so starken Anstieg der Ausgaben wie der Einnahmen. Nach Angaben der Statistiker erreichten im 1. Halbjahr die Ausgaben aller öffentlichen Haushalte ein Volumen von 328,5 Milliarden DM. Das waren 5,2 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 1989. Die Einnahmen haben dagegen nur um 2,4 Prozent auf 292,7 Milliarden DM zugenommen.

Überdurchschnittlich erhöhten sich die Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände um 7,5 Prozent auf 83,1 Milliarden DM. Die Statistiker erklären dies mit „weiter steigenden Sozialaufwendungen“. Beim Bund wurde dagegen nur ein Zuwachs von 4,6 Prozent auf 154,3 Milliarden DM ermittelt. Er blieb trotz der Leistungen an die DDR damit noch deutlich unter dem Durchschnitt der öffentlichen Haushalte. Die Bundesschuld erhöhte sich damit auf 502,6 (483,1) Milliarden DM.

Das Finanzierungsdefizit nahm für alle Haushalte im Berichtszeitraum um 9,4 Milliarden auf 35,7 Milliarden DM zu. Beim Bund klafften Ausgaben und Einnahmen um 22,2 (19,0) Milliarden DM auseinander. Bei den Ländern verdoppelte sich das Defizit sogar von 5,3 auf 10,9 Milliarden DM. Noch stärker war dieser Trend bei den Gemeinden mit einer Ausweitung von 0,5 auf 1,4 Milliarden DM.

Zur Deckung der Finanzierungslücke nahmen die Gebietskörperschaften am Kapitalmarkt 14,4 Milliarden DM auf. Der restliche Betrag wurde durch Rücklagen und Kassenbestände sowie durch kurzfristige Kassenkredite gedeckt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen