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FMLN in Publicity-Offensive in USA

US-Fernsehspots gegen Militärhilfe an El Salvador/ FMLN-Befreiungsfront für „Verbesserung und Erweiterung der Beziehungen“ mit den USA/ Werden US-Gelder an die Regierung Cristiani halbiert?  ■ Aus Managua Ralf Leonhard

Mit der Verbreitung einer grundlegenden „Erklärung an die Nation“ und einer Reihe von Fernsehspots sucht die salvadorianische FMLN- Guerilla auf die öffentliche Meinung in den USA einzuwirken. Im US-Senat steht Ende des Monats die Debatte über eine Intiative der Senatoren Dodd und Leahy an, die Hälfte der Militärhilfe an El Salvador zurückzuhalten. Dabei spielt vor allem die mangelnde Aufklärung der Morde an sechs Jesuitenpatres im vergangenen November durch die salvadorianische Regierung eine Rolle.

Vor wenigen Tagen wurde vom „Institute for Media Analysis“ unter Führung von Robert White, dem ehemaligen Botschafter der Carter- Regierung in El Salvador, in den USA eine TV-Kampagne gegen die Militärhilfe lanciert. Die 30-Sekunden-Spots, die einen blutigen Scheck über vier Milliarden Dollar — die akkumulierte Wirtschafts- und Waffenhilfe des letzten Jahrzehnts — zeigen und mit Bildern der ermordeten Jesuitenpatres gegenschneiden, wird seit vergangenem Donnerstag in Maine, Connecticut, New York, Rhode Island, Pennsylvania und Minnesota ausgestrahlt. Die republikanischen Senatoren dieser Staaten zählen zu den Unentschlossenen, die der Dodd-Leahy-Initiative die erforderliche Mehrheit bringen können.

Am Montag veröffentlichte die FMLN gleichzeitig in New York, in Mexiko und an der Kriegsfront in El Salvador eine „Erklärung an die Nation“. Damit soll eine öffentliche Debatte in El Salvador und in den Vereinigten Staaten ausgelöst werden. Die Rebellen, die davon ausgehen, daß die Bevölkerungsmehrheit ihre Vorstellungen von der neuen Gesellschaft teilt, wollen neuerlich die Diskussionsthemen vorgeben und die Regierung in die Defensive drängen, so wie es Anfang 1989 mit dem unerwarteten Vorschlag, an den Wahlen teilzunehmen, gelungen war.

Die Proklamation des FMLN- Oberkommandos ist darauf angelegt, in den USA Wirkung zu zeigen. Die Rebellen präsentieren sich als verantwortungsvolle, gemäßigte und „authentisch salvadorianische“ Kraft, die auch in Zeiten der Ost- West-Vereinheitlichung ihre raison d'être nicht verliert. Das Dokument begrüßt das Ende des kalten Krieges. „Wenn unser Kampf und der Krieg in unserem Land im Rahmen der internationalen und geopolitischen Zusammenhänge erklärt werden sollen, dann nicht mittels des der Vergangenheit angehörenden Ost-West- Konflikts, sondern im Rahmen des nach wie vor aktuellen Nord-Süd- Konflikts zwischen Entwicklung und Unterentwicklung, zwischen den reichen, imperialistischen Ländern des Kapitalismus und der abhängigen und armen Dritten Welt“.

Die „Demokratische Revolution“, die die FMLN in ihrer Proklamation verlangt, enthält keine grundsätzlich neuen Ideen, sondern soll vielmehr die Verhandlungsposition der Revolutionäre einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Vier wichtige Ziele werden genannt: „das Ende des Militarismus, eine neue wirtschaftlich-soziale Ordnung, die Demokratisierung des Landes und die Wiedererlangung der Souveränität und einer unabhängigen Außenpolitik“. All diese Veränderungen seien mit guten Beziehungen zu den USA vereinbar. Diese Beziehungen sollten sogar vertieft werden. Als erster Punkt des Abschnitts zur Außenpolitik heißt es: „Eine neue Politik, welche unsere Souveränität und Selbstbestimmung achtet und auf gegenseitigem Interesse und Respekt beruht, wird eine Verbesserung und Erweiterung der Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ermöglichen“.

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