Ostler bleibt Ostler

■ Wenn's ums Geld geht, hält der öffentliche Dienst auch nach dem 3.10. an den alten Grenzen fest

Berlin. Bei den Löhnen im öffentlichen Dienst gilt künftig das Wohnortprinzip. Wer ab dem 3. Oktober für eine Berliner Verwaltung oder einen Betrieb im öffentlichen Dienst tätig ist, wird, abhängig von der Lage seiner Wohnung, entweder nach westlichen oder nach östlichen Vergütungsmaßstäben bezahlt. Dies gilt sowohl für Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz am 1. September im Osten der Stadt hatten, als auch für jene, die ihn nach der Vereinigung dorthin verlegen — unabhängig davon, ob der Arbeitsplatz im Osten oder im Westen liegt.

Ein entsprechendes Rundschreiben der Innenverwaltung bezieht sich dabei auf eine Regelung im ersten Staatsvertrag, wonach Löhne und Vergütungen des öffentlichen Dienstes nur entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung im Gebiet der DDR angepaßt werden sollen. Darüber hinaus hätten sich laut Innenverwaltung alle Tarifparteien per Vertrag bereits darauf geeinigt, daß die bundesdeutschen Tarifverträge auch nach der Vereinigung im Gebiet der Noch-DDR keine Anwendung finden. Allerdings, von der ÖTV wurde dieser Vertrag nie unterzeichnet, wie die stellvertretende Berliner Vorsitzende, Leisinger, gestern erklärte. Bereits am 4. Oktober aber sollen mit dem Ziel einer schrittweisen Angleichung der Löhne Tarifverhandlungen aufgenommen werden.

Westberliner Verwaltungsangestellte fürchten nun, daß durch unterschiedliche Regelungen die bundesdeutschen Tarifvereinbarungen unterlaufen werden könnten. Wer eine Stelle im öffentlichen Dienst zu besetzen habe, hieß es dort gestern, »nimmt dann doch lieber einen billigen Ostler als einen teuren Westler«. maz