: Bürgerbewegungen
■ betr.: "Bündnis fürs Leben " (Landesforum Sachsen des Neuen Forums macht sich Mut für ein Bündnis), taz vom 24.9.90
betr.: „Bündnis fürs Leben“ (Landesforum Sachsen des Neuen Forums macht sich Mut für ein Bündnis), taz vom 24.9.90
Dem unentschlossenen Wähler wird, wie nicht anders zu erwarten, auch weiterhin vorenthalten werden, was genau die konturenlose Selbstdefinition des Neuen Forum, ein „umfassendes Bündnis aller alternativen Bürgerbewegungen sein zu wollen“, bedeutet. Denn dies schließt konsequenterweise alles ein, da ja „rechts“ die Alternative von „links“ ist und umgekehrt, dazwischen ein unüberschaubares Spektrum.
Nun liegt es nahe, der Einfachheit halber, sogleich sich an die traditionellen parlamentarischen Parteien zu halten, da die ja diesem Spektrum entsprechen, wäre da nicht der Begriff der „Bürgerbewegung“. Doch zuweilen hat man den Eindruck, daß das Neue Forum schon hier längst den Parteien gleicht, welche sich jeweils nur anläßlich von Wahlen ihrer Wähler erinnern und hiernach wieder abheben. Denn, so muß man fragen, wo ist noch die Basisdemokratie, wenn sie nicht tiefer zu wirken vermag, als bis hin zur untersten Ebene der Mitglieder und Sympathisanten. Das Neue Forum scheint allein sich selbst zu genügen, und hier betreibt es andererseits den organisierten Idealismus, daß politische Heterogenität innerhalb einer Organisation praktikabel ist. Ist doch kaum mehr von der Hand zu weisen, daß das „basisdemokratische“ Gerangel im Neuen Forum den Bürger nur noch zum Abwinken „bewegt“.
Nicht zuletzt signalisiert die Vagheit der Selbstdefinition nur die Schwäche des Neuen Forum, sich mit der ursprünglichen Programmatik auseinanderzusetzen.
Freilich ergänzen Bürgerbewegungen die Parteienlandschaft; nur, die Form allein ist wenig ergiebig. Was sind die Inhalte? Ist die Form zugleich Inhalt? Man wird wohl nicht mehr lange warten müssen, da wird ein solcher Streit darüber versehen werden mit den problemverschleiernden Begriffen von Fundamentalismus und Realitätssinn im politischen Bereich.
Dies deutet sich an in den Formulierungen „tödlicher Separatismus der NF-Spitze“ einerseits und dem „heterogenen Forum“ andererseits. Man übersieht dabei, daß der Separatismus die teilweise Folge eines politischen Konglomerats ist. Sollten die konservativen Kräfte in den kommunalen Wahlen weiter erstarken, was sich andeutet, wird es notwendig für das Neue Forum und andere Bürgerbewegungen, sich eindeutiger zu definieren, auch gegenteiliger. Insofern ist die Frage, „ob man links sein dürfe oder nicht“ nur falsche Scham oder auch längst schon dadurch beantwortet.
Wer keinen Standort hat, kann auch nicht zum Treffen einladen, will heißen, politisch wie perspektivisch. Bisher ist allerdings alles rückschrittlich. Auch Methode und Inhalte der Bürgerbewegungen. Nichts desto trotz, lustig weiter im Streit um Wahlmodalitäten, möglich es belustigt. Bernd Pansch, Zschortau
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