Prügel in Straubing

Strafanzeigen gegen Knastvollzugsbeamte gestellt  ■ Aus München Kerstin Hartig

Der Gefangenenaufstand in der Justizvollzugsanstalt Straubing, der Anfang August von mehreren Hundertschaften Bereitschaftspolizei niedergeschlagen wurde, soll für einige JVA-Bedienstete ein gerichtliches Nachspiel haben. Zwei Strafgefangene, die an der Dachbesetzung in Straubing teilgenommen hatten und — mit über hundert anderen Gefangenen — noch in der Nacht in die Münchner JVA Stadelheim verlegt worden waren, erstatteten nun Anzeigen gegen mehrere Vollzugsbeamte wegen gefährlicher Körperverletzung. Die zumeist namentlich bekannten Bediesteten werden beschuldigt, auf die Gefangenen mit Fäusten und Gummiknüppeln wahllos eingeprügelt zu haben. Dabei wurden diese zum Teil so erheblich verletzt, daß der Anstaltsleiter der JVA Stadelheim unmittelbar nach der Ankunft der Gefangenen deren Untersuchung anordnete. Der Münchner Rechtsanwalt der beiden Kläger, Jürgen Arnold, teilte am Freitag mit, daß auch die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international von den Vorgängen in Straubing informiert worden sei. Dem Text der Anzeigen zufolge müssen die JVA-Beamten ein geradezu perverses Vergnügen an den Mißhandlungen der aufständischen Gefangenen gehabt haben, die sie neben wüsten Beschimpfungen vor allem mit Schlägen in die Genitalien traktierten. Die Mißhandlungen wurden von den Wachbeamten der JVA Straubing sogar in Stadelheim fortgesetzt, bis der dortige Anstaltsleiter schließlich ein Machtwort sprach.

Das größte Pech der an der Dachbesetzung beteiligten Gefangenen hatte jedoch der 35jährige Rudolf Rebarczyk, der seit 1975 eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Polizistenmordes in Straubing absitzt. Er wurde am dritten August zunächst ebenfalls nach Stadelheim gebracht, kehrte vier Tage später jedoch nach Straubing zurück, wo er sofort für zwei Wochen im Arrest verschwand. Bis heute wird er den Ärzten und auch seinem Besuch nur gefesselt vorgeführt, darf nicht zum Gottesdienst und mit dem Geistlichen nur durch die Kostklappe seiner Zellentür sprechen. Anstaltsleiter Otto verteidigte die Maßnahmen aufgrund einer bestehenden „Verdunklungsgefahr“ durch Rebarczyk.

Anstaltsleitung und Wachpersonal der JVA Straubing sind jedoch nicht die einzigen, gegen die wegen der Vorgänge am dritten August schwere Vorwürfe erhoben werden. Der Landtagsabgeordneten der Grünen, Marianne Rothe, schilderten Gefangene auch Übergriffe der an der Dachräumung beteiligten Bereitschaftspolizisten. In Briefen, die Frau Rothe über die Abgeordnetenpost erhalten hat, ist sogar von „Scheinhinrichtungen“ die Rede. Ein Gefangener berichtet, daß ihm ein Polizist in jener Nacht drohte: „Für dich haben wir diesmal eine Kugel!“ Danach sei ihm mit den Worten „Die brauchst du nicht mehr“ seine Brille zertreten worden, bevor ihn ein Polizist mit einer gezückten Pistole bedrohte und erklärte, daß mit ihm „nun endgültig Feierabend“ sei.