"Privatvergnügen" Kinder

■ betr.: "Das Ehepaar muß entmachtet werden", taz vom 24.9.90

betr.: „Das Ehepaar muß entmachtet werden“, taz vom 24.9.90

Frau Schewe bleibt mit ihrem Beitrag auf halber Strecke stehen. Ihr Gleichstellungsbegriff ist nicht genug davon gelöst, die Kinder als käufliches Privatvergnügen ihrer Eltern zu betrachten, für das diese den Kaufpreis zu entrichten haben. Das Vorhandensein der nachfolgenden Generation ist jedoch ein Anliegen aller. Folglich hat jeder für sie aufzukommen, der später von ihren Leistungen zehrt und abhängig ist. Dazu gehört auch die erwähnte kostenintensivere Sozialpolitik für Alleinerziehende.

Wenn die Autorin jedoch die Unterhaltszahlung hier so selbstverständlich voraussetzt, rückt an die Stelle des entmachteten Ehepaares eine finanzielle Ersatzehe. Diese Abdrängung der Reproduktionslasten in die Privatsphäre diskriminiert nicht nur die Alleinerziehenden, sondern auch die Unterhaltspflichtigen, die ebenso vom traditionellen Familienideal abweichen. Beide werden rechtlich dazu gezwungen, den Kinderlosen einen ungerechtfertigten Lebensstandard zu finanzieren, den diese dadurch erreichen, daß sie sich aus dem sogenannten Generationenvertrag herausstehlen. Wenn sie sich durch die Rentenversicherung rechtfertigen wollen, vergessen sie, daß sie das Geld später nicht essen können. Die Voraussetzungen, auch dann dafür noch wirklich etwas zu bekommen, schaffen ihnen nur die Eltern der nachfolgenden Generation, die trotzdem ihre Rentenversicherung bezahlen müssen.

Wer wirklich soziale Gerechtigkeit will, muß alle gleichmäßig an den Lasten, die mit der Fortpflanzung des Volkes verbunden sind, beteiligen und kann nicht davon ausgehen, wer sich das „Privatvergnügen“ leistet beziehungsweise wer wann mit wem geschlechtlich verkehrt hat.

Diese juristisch fixierte Kinderfeindlichkeit führt zu den sinkenden Geburtenzahlen, die die Bevölkerungspyramide auf den Kopf stellen und eine demographische Katastrophe befürchten lassen. Ob der Jurist sein inneres Gleichgewicht dadurch wiederherstellt, daß er seine „Kinderfreundlichkeit“ in Form des Paragraphen 218 zur Schau trägt? Dr.Bernhard Beleites, Rostock