Le Duc Tho ist gestorben

■ Tho war Leiter der vietnamesischen Delegation bei den Waffenstillstandsverhandlungen mit den USA/ 1973 lehnte er den Friedensnobelpreis ab PORTRAIT

Hanoi (afp/taz) — Le Duc Tho, der die vietnamesische Delegation bei den Pariser Verhandlungen zur Beendigung der amerikanischen Militärintervention in Vietnam führte, ist am Samstag im Alter von 79 Jahren gestorben. 1973 hatten sich der Nordvietnamese Tho und sein US—Gegenspieler Kissinger auf ein Waffenstillstandabkommen geeinigt. Als beiden im gleichen Jahr der Nobelpreis zugesprochen wurde, lehnte Tho ab, ihn anzunehmen, weil noch kein echter Friede in Südvietnam erreicht sei.

Tatsächlich gestattete das Abkommen der US- Regierung, unter Wahrung des Gesichts ihre Truppen abzuziehen. Gleichzeitig versorgte sie Südvietnam jedoch bis zur Kapitulation 1975 weiterhin in großem Umfang mit Waffen und Material. Le Duc Tho zählte 1930 zu den Gründern der KP Indochinas.

Wegen Aktivitäten gegen die französische Kolonialherrschaft wurde er mehrfach verhaftet. 1940 flüchtete er nach China und beteiligte sich am Aufbau der Viet Minh, der „Liga für den Kampf um die Unabhängigkeit Vietnams“.

1945 wurde er Mitglied des ZK und des Ständigen Ausschusses der KP Indochinas. 1948 ging er in den Süden des Landes und organisierte zusammen mit Le Duan den Guerillakampf. 1954, nach dem Sieg der Vietnamesen über Frankreich in Dien Bien Phu und der Genfer Indochinakonferenz kehrte er nach Hanoi zurück.

Ab 1968 fungierte Tho, nun auch Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der KP Vietnams, als Sonderbeauftragter der vietnamesischen Delegation für die Pariser Vietnam-Konferenz. Nach Abschluß der Pariser Verhandlungen im Jahr 1973 war er für die Offensive verantwortlich, die zur Einnahme Saigons führte. 1976 fand die formelle Wiedervereinigung des Landes unter dem Namen Sozialistische Republik Vietnam statt.

Tho gehörte zu den Hardlinern in der Partei. Nach dem 6. Parteitag der KP Vietnams im Jahre 1986, auf dem als Reaktion auf die wachsende Kritik an der alten Führung „Neues Denken“ und wirtschaftliche und politische Umstrukturierung versprochen wurde, trat er zusammen mit fünf anderen Politbüromitgliedern zurück, blieb jedoch weiter einflußreich.