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Bundeswehr bereit zum Einsatz im Golf

■ Stoltenberg: Verlagerung an die türkisch-irakische Grenze kurzfristig möglich/ Einsatz ist angeblich kein Verfassungsproblem/ Weitere Waffengeschäfte deutscher Firmen mit dem Irak aufgedeckt

Berlin (ap/dpa/taz) — Die Bundeswehr steht offensichtlich bereits Gewehr bei Fuß für den Einsatz in der Golfregion. Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg erklärte in einem Interview mit der US-amerikanischen Wirtschaftszeitschrift 'Forbes‘, daß die Bundesregierung bereit sei, deutsche Truppen „auf Anforderung“ an die 300 Kilometer lange türkisch-irakische Grenze zu schicken. Eine solche Verlagerung könne „in sehr kurzer Zeit“ geschehen. Voraussetzung dafür sei lediglich, daß es „einen Vorschlag gäbe, alliierte Truppen innerhalb der Nato-Struktur (in die Türkei) zu schicken“.

Bei dem bereits am 3. Oktober geführten Interview, dessen Inhalt jedoch erst gestern bekannt wurde, behauptete Stoltenberg, daß ein Einsatz in der Türkei der Bundesregierung keine Verfassungsprobleme bereiten würde, weil das Gebiet zur Nato gehöre. Gegenwärtig sei die Türkei allerdings nicht an zusätzlichen alliierten Truppen auf ihrem Territorium interessiert. Von einem Angriff auf das Nato-Land Türkei als Vorraussetzung für eine deutsche Truppenentsendung war bei dem Interview nicht die Rede. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel forderte ein grundsätzliches deutsches Waffenexportverbot an den Golf, falls die Bundeswehr in dieser Region eingesetzt würde.

Unterdessen wurden weitere Waffengeschäfte deutscher Unternehmen mit dem Irak bekannt. In seiner heutigen Ausgabe berichtet der 'Spiegel‘ über das badische Unternehmen Anlagen Bau Contor (ABC) aus Stutensee bei Karlruhe. Die Firma steht im Verdacht, dem Irak bei wichtigen Raketenprojekten geholfen zu haben. Mit Hilfe anderer an dem Projekt beteiligter Unternehmen sei ein neuer Treibstoff entwickelt worden, der die Reichweite irakischer Raketen bis Israel gesteigert habe.

Am Samstag hatte die 'Die Welt‘ gemeldet, daß deutsche Techniker des MBB-Konzerns sowohl für die irakische Armee als auch für die amerikanischen Streitkräfte in der Golfregion tätig seien. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher habe sich beim Ausbruch des Konflikts zwischen Irak und Kuwait persönlich für den Verbleib von MBB-Mitarbeitern bei den US-Marineeinheiten eingesetzt. Ein Sprecher von MBB wollte zu dem Bericht keine Stellung nehmen.

Um Entschädigung für ihre Ausfälle wegen der Golfkrise und des Wirtschaftsembargos haben nach Informationen des 'Spiegel‘ rund 40 vom Wirtschaftsembargo geschädigte Unternehmen die Bundesregierung gebeten. Einige von ihnen sollen zumindest indirekt an der Aufrüstung des Irak beteiligt gewesen sein.

Eine Entlastung für die Bundesregierung versuchte die saudi-arabische Regierung. Sie bestritt, konkret um Waffenlieferungen gebeten zu haben. dora

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