: Irak und Iran tauschen Botschafter aus
■ USA wollen mehr Truppen verlegen/ Bagdad: „Wir feuern nicht den ersten Schuß“/ Irak dementiert Bereitschaft zu Teilrückzug aus Kuwait/ Moskau gegen Verknüpfung der Nahostprobleme
Bagdad (afp/dpa) — Die irakische Regierung hat am Sonntag abend die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Iran verkündet. Dies teilten die Nachrichtenagenturen beider Staaten nach dem Besuch eines hochrangigen irakischen Beamten im Außenministerium in Teheran mit. Die beiden Golfstaaten hatten ihre diplomatischen Beziehungen am 2. Oktober 1987 abgebrochen.
Gestern erklärte die irakische Regierung, sie rechne mit einem baldigen Krieg in der Golfregion, betonte aber gleichzeitig, sie werde nicht den ersten Schuß abgeben. Radio Bagdad zitierte den Informationsminister Jassim mit den Worten, er gehe davon aus, daß der Krieg jeden Augenblick ausbrechen könne. Der Irak sei bereit, gegen die Amerikaner und ihre Allierten zu kämpfen.
Am Sonntag abend hatte Bagdad Berichte über eine angebliche, irakische Bereitschaft zur teilweisen Räumung besetzten kuwaitischen Gebietes dementiert. Solche Berichte seien „schiere Lügen“. Es sei bekannt, wer diese unhaltbaren Behauptungen, die jeder Grundlage entbehrten, verbreite und zu welchem Zweck dies geschehe. Kuwait sei und bleibe auf ewig Teil des Irak.
Die halbamtliche sowjetische Presseagentur 'Nowosti‘ hatte über eine „Aufweichung“ der irakischen Position berichtet. Bei einem Bagdad-Besuch des sowjetischen Präsidialratsmitgliedes Primakow habe sich aus den Worten von Präsident Saddam Hussein ergeben, „daß der Irak seine Truppen aus Kuwait zurückziehen könne, wobei das Ölfeld Südrumaila und die Inseln Barba und Bubian unter irakischer Hoheit verbleiben sollen“. Wie 'Nowosti‘ weiter meldete, bekräftigte Primakow Moskaus Forderung nach einem vollständigen Rückzug aus Kuwait.
Die UdSSR würde nach Primakows Worten im Falle eines militärischen Schlages der USA gegen den Irak nichts gegen diese Aktion unternehmen. Auch die Beteiligung sowjetischer Soldaten an einer internationalen Streitmacht unter UNO- Führung — falls eine solche auf Beschluß des Sicherheitsrates gebildet werden sollte — bezeichnete Schewardnadse als „prinzipiell möglich“. Gegenwärtig hege die Sowjetunion aber keinerlei Absichten, an militärischen Operationen teilzunehmen. Schewardnadse führte weiter aus, sein Land sehe keinen Zusammenhang zwischen der irakischen Aggression und anderen Konflikten im Nahen Osten. Doch, so fuhr der sowjetische Außenminister fort, bestehe noch die Möglichkeit, den Golfkonflikt friedlich zu lösen.
Nach Angaben von US-Verteidigungsminister Cheney ist die Verlegung von US-Truppen an den Golf noch nicht abgeschlossen. Laut 'Los Angeles Times‘ verfügen die USA dort bereits über 1.000 Panzer, 500 Kampfflugzeuge und 59 Kriegsschiffe sowie über mehr als 200.000 Soldaten. Auch Frankreich entsandte gestern vier Jagdbomber vom Typ Jaguar nach Saudi-Arabien. Den klaren Standpunkt Kairos bezüglich eines unverzüglichen, bedingungslosen Abzug der Iraker aus Kuwait hat der ägyptische Außenminister Butrus Ghali bekräftigt. Entschieden trat er dagegen auf, den Abzug irakischer Truppen aus Kuwait mit der Regelung des Konflikts der durch Israel okkupierten Gebiete zu verknüpfen.
Ausländer, die durch den irakischen Einmarsch in Kuwait Verluste erlitten haben, sollen entschädigt werden. Das erklärte der Präsident der kuwaitischen Industrie- und Handelskammer, As-Sakr. Auf einer Pressekonferenz in Dschiddah kündigte der Generalsekretär der „Internationalen Organisation für Solidarität mit Kuwait“, As-Suwaidan, eine demokratische Neuordnung in Kuwait nach der Befreiung von den Irakern an. Dabei sprach er von freien Parlamentswahlen, Frauenwahlrecht, Pressefreiheit sowie einer rechtlichen Besserstellung von Gastarbeitern.
Die irakische Regierung hat Pressemeldungen zufolge die USA zu Kontakten von Militärexperten beider Länder aufgefordert, um die Gefahr eines Kriegsausbruches zu verringern. Die 'Washington Post‘ meldete aus Bagdad, ein entsprechender Vorschlag sei Washington am 21. August übermittelt worden. Die US- Regierung habe den Vorschlag aber nicht beantwortet.
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