piwik no script img

Geordneter Rückzug nach »blockierter Feier«

■ Marktführender Zigarettenkonzern Philip Morris kündigt Stipendiatenförderung in Weddinger Bildhauerwerkstätten

Wedding. Die 15 Künstler, deren Werke gerade in der Ausstellung Werkspuren in den Weddinger Bildhauerwerkstätten zu sehen waren, werden die letzten sein, die ein Stipendium vom Zigarettenkonzern Philip Morris bezahlt bekommen. Der Sponsor gibt sein vierjähriges Engagement in den vom Senat und vom Berufsverband Bildender Künstler (BBK) getragenen Bildhauerwerkstätten auf, will aber weiterhin junge Künstler fördern. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist nach Angaben des Unternehmens die in der vergangenen Woche getätigte Kündigung des Werkstättenleiters Gustav Reinhardt. Zwischen ihm und dem Vorstand des BBK war es, wie berichtet, am Eröffnungsabend der Werkspuren zu handgreiflichen Meinungsverschiedenheiten über die Wahrnehmung des Hausrechts gekommen. Aktivisten der Aids-Aktionsgruppe ACT-UP, die mit Flugblättern auf die schwulenfeindliche Politik des Konzerns in den USA aufmerksam machen wollten, waren des Hauses verwiesen und von Sicherheitskräften des Konzerns massiv behindert worden.

Das Unternehmen, das bislang die Existenz dieser »Kräfte« dementierte, reagierte damit auf einen nicht gerade imagefördernden Zwischenfall. So sieht man die Aktion der Schwulengruppe als »geplante und organisierte Provokation einer Gruppe nicht geladener Personen«, mit der die »Feierlichkeiten« blockiert werden sollten. Hannes Schwenger, Geschäftsführer des Kulturwerks des BBK, weist in einer ersten Stellungnahme darauf hin, daß Philip Morris bereits vor der Kündigung Reinhardts dem Werkstattleiter eine ähnlich lautende Erklärung zugestellt habe, und kritisiert den Versuch einer Einflußnahme des Konzerns auf die Personalpolitik des BBK. Das Kulturwerk sei seinen Verpflichtungen, einen ungestörten und durch die freie Meinungsäußerung kritischer Künstler auch gar nicht behinderten Ablauf der Veranstaltung mit Philip Morris zu gewährleisten, nachgekommen. Zu einer Unterdrückung kritischer Meinungen sei man aber weder verpflichtet noch bereit. doroh

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen