FU vertuschte die Asbestgefahr

■ Gutachter hatte Schließung der Rostlaube empfohlen/ Asbestkonzentrationen mit bis zu 13.000 Fasern fast doppelt so hoch wie bisher zugegeben/ Heimlichtuerei der FU-Verwaltung führt zu Unruhe unter Studenten und Beschäftigten

Dahlem. Studenten und Professoren in der Rost- und der Silberlaube können den Atem anhalten: Die Asbest- Gefahr in dem Gebäudekomplex an der Habelschwerdter Allee 45 ist größer, als die Leitung der Freien Universität (FU) bisher glauben machen wollte. In einer Krisensitzung am 1. Oktober hatte der von der Universitätsleitung bestellte Gutachter, Heinitz, sogar »die Schließung der Rostlaube« empfohlen. Das geht aus einem Vermerk hervor, den die Bauabteilung der FU einen Tag nach der Besprechung fertigte. Das Papier liegt der taz vor. Es belegt, daß die Uni-Verwaltung in Sachen Asbest bisher mit falschen Aussagen operiert hat.

Der zuständige Abteilungsleiter Peter Kunze hatte am 1. Oktober auf taz-Anfrage noch behauptet, eine Schließung des Gebäudes habe in der fraglichen Beratung »nicht zur Debatte« gestanden. Wie aus dem Vermerk weiter hervorgeht, stellte der Gutachter bei seinen Luftmessungen Ende September Asbestkonzentrationen von bis zu 13.000 Fasern pro Kubikmeter fest, fast doppelt soviel, wie bisher von der FU zugegeben. Kunze hatte gegenüber der taz nur von Werten bis zu 7.000 Fasern gesprochen. In einer Pressemitteilung hatte sich die Uni sogar auf die unbestimmte Aussage beschränkt, die Werte hätten »deutlich über der zulässigen Grenze von 500 Fasern pro Kubikmeter« gelegen. Wie deutlich, das geht aus dem Vermerk hervor. An der »Straße J, Achse 30« waren es 4.900 Fasern; an der Straße L, Achse 29,5 ermittelte der Gutachter 7.000 Fasern und an der Straße K, Achse 32 wurde der Spitzenwert von 13.000 Fasern erreicht.

Wie berichtet, hatte die FU-Leitung im Sommer in den Wänden und Decken von Rost- und Silberlaube größere Mengen asbesthaltiger Bauteile entdeckt. Gutachter Heinitz hatte daraufhin »Worst-Case-Simulationen« angestellt, um die potentiellen Gefahren für Studenten und FU-Beschäftigte zu ermitteln. »Durch das Anblasen der Schrankfugen der Versorgungsschächte mittels eines Kompressors« wurde, so der Vermerk, eine »extreme Belastung der asbesthaltigen Bauteile« simuliert. Dieses Verfahren gilt allgemein als üblich. Trotzdem wurden die Heinitz-Analysen am 1. Oktober laut Vermerk mit dem Argument vom Tisch gewischt, »daß mit dieser Art Meßmethode die Fasermengen in der Raumluft beliebig nach oben manipulierbar und damit nicht aussagekräftig« seien.

Kunze rechtfertigte gestern erneut die Vorgehensweise der Uni- Verwaltung. Auch Gutachter Heinitz habe am Ende der Beratung den Beschluß mitgetragen, sich auf eine vorläufige Sicherung der Asbest- Bauteile zu beschränken, behauptete der Abteilungsleiter. Im übrigen sei es »relativ bedeutungslos«, ob der Spitzenwert der Faserkonzentration bei 7.000 oder 13.000 Fasern liege.

Die Betroffenen sehen das offensichtlich anders. Schon am Mittwoch hatte der FU-Asta bei einer Protestaktion den Vorwurf erhoben, die Studenten würden über das wahre Ausmaß der Asbestgefahr im Dunkeln gelassen. Ähnlich geht es den FU-Beschäftigten. Man fühle sich »wie der Hase mit dem Igel«, beklagte gestern die Dahlemer Personalratsvorsitzende Ursula Köppl. »Immer wieder« müsse der Personalrat »bemängeln«, daß er erst nach dem Abschluß von Sicherungsarbeiten informiert werde. Morgen mittag lädt der Personalrat zu einer Teilpersonalversammlung der Beschäftigten, die in Rost- und Silberlaube arbeiten. Einziger Tagesordnungspunkt: die »Asbestprobleme«. hmt