PDS-Mann wollte 70 Millionen in bar

■ Über mehrere Konten sollten die 107 PDS-Millionen gewaschen werden/ PDS-Vorstandsmitglied aus Halle wollte in Oslo 70 Millionen bar abheben/ Grüne sehen Verfassungsschutz am Werk

Berlin (taz) — Die Hintergründe der spektakulären polizeilichen Durchsuchung der PDS-Zentrale Donnerstag nacht haben offenbar mehr Hintergrund als PDS und Berliner Innensenator am Freitag mitgeteilt haben. (vgl. taz 20.10.) So kam der „Tip“ für das Interesse der Kripo offenbar aus Oslo, wo am Mittwoch ein Karl- Heinz K. aus Halle gerade eingetroffene 70 Millionen in bar von der Bank abheben wollte. Die norwegische Polizei schaltete Interpol ein, der Mann entpuppte sich als PDS-Vorstands-Mitglied. Als die Kripo die Herkunft des Geldes verfolgte, stieß sie auf ein Verwirrspiel von Überweisungen: am 9.10. waren 70 Millionen von einem Berliner Konto nach Oslo überwiesen worden. Nach Berlin waren diese 70 Millionen von einem Bocholter Konto gekommen, dorthin wiederum waren in zwei Überweisungen — am 24.9. 25 Millionen und am 26.9. 60 Millionen — von dem Berliner Konto angewiesen worden. Alle diese Konten laufen auf eine sowjetische Außenhandelsfirma „Putnik“, über alle diese Konten verfügt Karl-Heinz K. aus Halle. Karl-Heinz K. hatte das Berliner Konto am 12. September eröffnet — offenbar gezielt für die 95 Millionen, die ihm am 13.9. von der PDS überwiesen wurden. Am 9.10. sind noch einmal 12 Millionen des offiziellen PDS-Kontos auf das Putnik-Konto des Hallenser PDS-Mannes geflossen, am selben Tag 21 Millionen auf ein Uetrechter Putnik-Konto. Bisher sucht die Polizei vergebens nach dem Hallenser PDS-Mann, um ihn zu befragen.

Was PDS-Chef Gysi der Presse am Freitag nicht gesagt hat und was nach Auskunft des Pressesprechers des Innensenators den Verdacht der Kripo nährte: Das offizielle PDS- Konto, von dem die 107 Millionen abgegangen sind, war der „Kommission“, die — noch vom Ministerrat eingesetzt — die alten Parteifinanzen kontrolliert, nicht mitgeteilt worden. Nachdem am Donnerstag in Bocholt, Halle und West-Berlin Hausdurchsuchungen stattgefunden hatten, habe die Gefahr bestanden, daß Dokumente vernichtet werden, begründete der Senatssprecher die „Gefahr im Verzuge“. Er wies darauf hin, daß die beteiligten Beamten keine kugelsicheren Westen getragen hatten, was PDS-Vertereter behauptet hatten. Die PDS habe die Rechtsgrundlage der Überweisung der 107 Millionen nicht vorzeigen können. Nach Auskunft von Gysi ist die Zustimmung der SED nur in Akten in Moskau dokumentiert.

Grünen-Bundesgeschäftsführer Eberhard Walde erklärte, die Durchsuchung habe eigentlich Zwecken des Verfassungsschutzes gedient. Die Sicherheitsbehörden wollten sich vermutlich einen Überblick über die Räumlichkeiten der PDS- Zentrale verschaffen. Es seien Fotos gemacht worden. Anhaltspunkte für seine Vermutungen nannte Walde nicht. K.W.