SAMSTAG COUCHPOTATO'SCHIPS&TIPSVon Harald Keller

MIT LEIB UND SEELE

Der dicke Günter Strack meint ja allen Ernstes, sein Auftreten als Pfarrer Kempfert sei ein Werbefeldzug für die Kirche. Keineswegs. Vielmehr legen aufgeschlossene, fortschrittliche Priester ihren sündigen Schäfchen die Fernsehserien Wie gut, daß es Maria gibt oder Mit Leib und Seele als Buße auf. Jeder hat da so seinen kleinen Sühnekatalog: Kleine Lügen = eine Folge Mit Leib und Seele; einmal des Nächsten Weib begehren = fünf Folgen Mit Leib und Seele und zwei Maria; einmal Ehebruch = eine ganze Staffel Mit Leib und Seele plus einen viertelstündigen Videozusammenschnitt älterer Talkshowbeiträge von und mit Walter Jens. Dafür gibt es dann die Absolution — serienmäßig.(ZDF, 19.30 Uhr)

SOMETHING TO SING ABOUT

Dem Entertainer und Schauspieler Al Jolson verdankte James Cagney seine erste Filmrolle. Jolson sah Cagney auf der Bühne in dem Musical Penny Arcade, kaufte die Filmrechte des Stückes und vermakelte es an die Warner Studios. Den Darsteller Cagney empfahl er für die Hauptrolle. Cagney machte rasch Karriere in eilig abgedrehten, ziemlich billigen Filmen, deren Geschichten, wie Cagney sagte, auf den Schlagzeilen der Sensationsblätter basierten. Der Gangsterfilm Public Enemy war einer davon, und er machte seinen Hauptdarsteller zum Star. Das änderte allerdings nichts an dessen Status als angestellter Schauspieler. Er verdiente 1.400 Dollar pro Woche und hatte keinerlei Einfluß auf die Rollen, die ihm übertragen wurden. Aus Protest drehte er zwei bescheidene Filme für eine unabhängige Produktionsfirma; einer davon war die musikalische Komödie —dem Musical widmete sich der als Gangsterdarsteller berühmt gewordene Cagney mit besonderer Zuneigung— Something to sing about. Der zweite, Great Guy, machte so gute Kassen, daß Warner klein beigab und Cagney in einem neuen Fünfjahresvertrag nicht nur eine höhere Gage, sondern auch eine zehnprozentige Beteiligung am Einspiel und freie Auswahl der Rollen gewährte.

(Super Channel, 21.00 Uhr)

VIVA MARIA!

Einmal im Leben sollte man schon gesehen haben, wie Jeanne Moreau und Brigitte Bardot als Tingeltangeltänzerin Maria I und Anarchistentöchterchen Maria II eine bananenrepublikanische Revolution mit Witz und Tücke zu einem guten Ende bringen. Da bleibt manch einem Despoten nur eines: kopflos die Flucht zu ergreifen. Und das ist wörtlich zu nehmen. Regie führte Louis Malle und ließ sich dabei von unserem Volker Schlöndorff assistieren.

(ARD, 22.05 Uhr)

SCHAULUST

Die privaten Sendeanstalten heften sich das Verdienst ans Revers, fernsehgerechte Erotik überhaupt erst zum Thema gemacht zu haben. Zwar sind die spät nachts gezeigten Sexfilmchen aus der Zeit der kinematographischen Aufklärung durch radikale Schnitte meist züchtiger als manch ein Tatort, aber mit diesen wie mit der banalen Verbindung von Rateshow und Fleischbeschau namens Tutti Frutti gelingt es nach wie vor, prüde linksalternative Stammtischbesatzungen und verklemmte Rechts-Schaffende gleichermaßen in schöner wie ungewohnter Eintracht auf die berühmte Palme zu bringen. Und etwas Besseres kann sich die Werbeabteilung von RTL gar nicht wünschen... In der vom Hessischen Rundfunk übernommenen sechsteiligen Sendereihe Schaulicht haben die Autoren Rudolf Bickel und Dietrich Wagner unter dem Motto Die Liebe, der Sex und das Fernsehen die Geschichte des Fernsehens auf Freizügigkeit, Prüderie und Voyeurismus untersucht. In der ersten Folge geht es unter anderem um die „Erregungen“, die ausgelöst wurden von einer als skandalös empfundenen Fritz-Kortner-Inszenierung der Lysistrata.(West 3, 22.15 Uhr)

SHAFT IN AFRIKA

Bevor er ins Puschenkino versetzt wurde, durfte der schwarze Privatdetektiv John Shaft im dritten seiner Leinwandabenteuer noch für die MGM nach Afrika, um dortselbst im Auftrag eines äthiopischen Emirs eine Bande moderner Sklavenhändler zu zerschlagen. Ob der Schauplatz Ausgleich sein sollte dafür, daß im Regiestuhl anstelle des schwarzen Regisseurs Gordon Parks der Brite John Guillermin Platz nehmen durfte, vermag ich nicht zu sagen. Ist ja auch egal. Hauptsache, John Shaft läßt die Fetzen fliegen. Wie schrieb Roger Ebert anläßlich einer Besprechung von Shaft I: „... a private-eye movie without cliches wouldn't be worth the price of admission.“ So isses doch.(ARD, 0.45 Uhr)