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Ex-DDR soll Haftplätze abbauen

■ Expertengruppe befürchtet „Sogwirkung“ leerstehender Gefängniszellen/ Ambulante Alternativen fehlen

Berlin (taz) — Vor einem „kriminalpolitischen Ost-West-Gefälle“ hat am Wochenende eine Expertengruppe des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt am Main gewarnt. Die bereits heute bestehenden Unterschiede im Bereich des Strafvollzugs würden dramatisch zunehmen, wenn in den fünf neuen Bundesländern nicht unverzüglich Haftanstalten geschlossen würden.

Die „Haftplatzkapazität“ liege in den fünf neuen Bundesländern um ca. ein Drittel höher als in Westdeutschland. Da ambulante Alternativen kaum vorhanden seien, bestehe die Gefahr, daß dort „die vielen leerstehenden Gefängnisse eine Sogwirkung haben und Richter gezwungen sind, ausschließlich Freiheitsstrafen zu verhängen“.

Auf einer Tagung zur Straffälligenhilfe für Jugendliche und Erwachsene in den fünf neuen Bundesländern forderte die Expertengruppe in Frankfurt daher den konsequenten und schnellen Aufbau eines umfassenden Netzwerkes ambulanter Alternativen zur Strafhaft, zum Jugendstrafvollzug und zum Jugendarrest. Geschehe dies nicht, drohe eine Auffüllung der ehemaligen DDR- Gefängnisse und ein Rückschlag im notwendigen kriminalpolitischen Reformprozeß.

Darüber hinaus hält es die Frankfurter Gruppe für angeraten, ähnlich wie bei Richtern und Staatsanwälten auch die Auswahl von leitenden Mitarbeitern in den verbleibenden Justizvollzugsanstalten von Gutachterausschüssen überprüfen zu lassen. „Zahlreiche leitende Mitarbeiter in den Anstalten (waren) der Staatssicherheit unterstellt.“

Für einen positiven Schritt hält die Expertengruppe die Übernahme des ehemaligen „Wiedereingliederungsgesetzes“, mit dem in der DDR Straffälligen nach Verbüßung ihrer Haft Arbeitsplatz, Wohnung und Entschuldung zugesichert worden war. Nach geltendem bundesdeutschen Recht seien Haftentlassene nur unzureichend abgesichert, was den Rückfall in erneute Straffälligkeit geradezu vorprogrammiere. Barbara Geier

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