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Sind nur Deutsche das Volk?

■ Morgen entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über das kommunale Ausländerwahlrecht

Bonn (taz) — Verstößt es gegen die Verfassung, daß Hamburg und Schleswig-Holstein im letzten Jahr ein Wahlrecht für AusländerInnen einführten? Damit wird sich am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe befassen. Es entscheidet damit grundsätzlich über die Frage, ob Ausländer an Kommunalwahlen teilnehmen dürfen.

Angestrengt hatten die Normenkontrollklage gegen die Gesetze Hamburgs und Schleswig-Holsteins die CDU/CSU-Bundestagsregierung und Bayerns Staatsregierung. Beide argumentierten in dem Verfahren Ende Juni verfassungsrechtlich so: Ausländer seien kein Wahlvolk im Sinne des Grundgesetzes, weil sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Entscheidend bleibe die „nationale Zugehörigkeit“. Die nördlichen Bundesländer halten dagegen ihr Ausländerwahlrecht für verfassungskonform. Sie knüpfen den Begriff des Volkes — und damit des Wahlvolkes — an den Lebensmittelpunkt von Menschen. Volk sind für sie die „Betroffenen“ in einem Staatswesen, zu denen auch die ausländischen Frauen und Männer gehören.

Allerdings müssen die Richter des zweiten Senats an erster Stelle nicht über den Begriff des Volkes nach Artikel 20 Grundgesetz befinden. Hamburg und Schleswig-Holstein hatten in dem Verfahren Ende Juni sehr viel weniger grundsätzlich für das kommunale Ausländerwahlrecht gestritten: Gewählt werden, so ihr Argument, sollten ja nur Gemeindeparlamente. Gemeinden seien aber etwas anderes als der Staat auf Bundes- oder Landesebene. Sie stellten eine Form von Selbstverwaltungkörperschaften dar. Deshalb sei entscheidend, wer von den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinde“ betroffen sei.

Daß die Karlsruher Richter das Ausländerwahlrecht als verfassungsmäßig absegnen werden, ist nicht wahrscheinlich. Vor etwa einem Jahr hatten sie gegen das schleswig-holsteinische Ausländerwahlrecht eine einstweilige Anordnung erlassen. ff

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