: Dresdner proben den Dialog mit Rechtsradikalen
Dresden (taz) — „Wir sind von der zunehmenden Gewalt und Intoleranz auf den Dresdner Straßen unmittelbar betroffen“, erklärten etwa siebzig Jugendliche auf der Dresdner Stadtverordnetenversammlung. Über die Alternative Fraktion erbaten sie sich am Donnerstag nachmittag Redezeit, nachdem sich Oberbürgermeister Wagner noch einmal zu der Demonstration des Neonazis Michael Kühnen und seiner Gefolgsleute und Sympathisanten am 20.Oktober in Dresden erklärt hatte. Während an diesem Tag eine Gegendemonstration autonomer Linker und Hausbesetzer in der äußeren Neustadt als potentielle Gefahr angesehen wurde, haben Stadtverwaltung und Polizei die faschistischen Parolen der kühnen Truppe geduldet. Christina Wüstner, Sozialdiakonin und Sprecherin der jungen Dresdnerinnen, stellte die vom Muster des Rechts-links-Extremismus getragene Argumentation in Frage. Man könne Gewalt nicht verhindern, indem man einfach die Gegner voneinander fernhalte. Der Oberbürgermeister hatte zuvor dem Stadtparlament die Konsequenz angeboten, „künftig gründlicher zu recherchieren, wenn Nicht-Dresdner eine Demo anmelden“, den Verfassungsschutz einzubeziehen, Redeverbot für Extremisten zu erlassen und die „politische Auseinandersetzung“ zu führen. Im diesem Schema bewegte sich über weite Strecken auch die Aussprache der Fraktionen. Immerhin wurde gefordert, in der Öffentlichkeit „Zeichen zu setzen“. Die Stadtverwaltung wollte am Gedenktag für die Opfer der Pogromnacht bei der jüdischen Gemeinde öffentlich um Entschuldigung bitten und die Dresdner zur Demonstration aufrufen. Der 9. November sei, so Wagner, auch ein Anlaß, den zweihundert sowjetischen Juden, die noch auf Wohnung warten, eine Heimstatt anzubieten. Einem Abgeordneten der Alternativen Fraktion blieb es vorbehalten — nachdem die Diskussion vorwiegend auf die Person Kühnen fixiert war —, für einen sensiblen Umgang mit den verführten jungen Dresdnern zu plädieren. Er warnte davor, in die Sprache des Dritten Reiches zu verfallen und diese Menschen vom Dialog auszugrenzen. Christina Wüstner berichtete gegenüber der taz von ersten Versuchen, unter dem Dach der Kirche über Rechts-links-Grenzen hinaus miteinander ins Gespräch zu kommen: „Wir wenden uns Randgruppen zu, da sitzen dann auch Skins und Punks an einem Tisch. Ich will nicht von Verständnis reden, vielleicht von Akzeptanz, aber wenigstens von Gewaltlosigkeit. Wir sind keine Linksradikalen, wie das von einigen Politikern hier in der Stadt immer wieder dargestellt wird. Bis jetzt ist in Dresden von links keine Gewalt ausgegangen. Aber wenn die Stadtverwaltung solche Aufmärsche wie am 20. Oktober duldet, wird auf beiden seiten Haß aufgebaut.“ Detlev Krell
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