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Sam Spade als Jimi Hendrix

■ Andrew Clay als Rock-Detektiv in Renny Harlins „Ford Fairlane“

Hierzulande ist es schwer vorstellbar, daß Komiker in Konzertsälen und Stadien auftreten und ihr Publikum zum Rasen bringen. Wortspielführer Karl Dall im Berliner Olympiastadion, Jürgen von der Lippe in der Dortmunder Westfalenhalle — undenkbar. In den USA geht das; dort, wo die Unterhaltungsform der „Stand Up Comedy“ langjährige Tradition hat, werden die besten der Zunft wie Popstars verehrt, haben eigene TV-Shows, plazieren Live-Mitschnitte in den Charts und treten in Kinofilmen auf. Einer davon ist Andrew „Dice“ Clay, 32 Jahre alt und einer der Topstars der Branche, aber auch bestes Beispiel für den mißlichen Trend, daß die Gags der Entertainer immer rüder und zynischer werden müssen, um sich von den Kollegen abzuheben. Wenn Eddie Murphy seinen Live-Mitschnitt Raw betitelt, dann darf man das wörtlich nehmen. Murphy aber ist ein Feingeist verglichen mit Andrew „Dice“ Clay, der sich für seine vulgären Pointen bereits Sende- und Auftrittsverbote einhandelte.

In Ford Fairlane — Rock'n'Roll Detektiv spielt Clay, kürzlich noch als Gaststar in der Serie Crime Story auf unseren Bildschirmen zu sehen, erstmals den Titelpart eines Kinofilms. Die Rolle eines Bilderbuchmachos kommt seinem Naturell gewiß entgegen, auch wenn der Charakter als Parodie angelegt ist. Fairlane ist ein später Nachfahre Sam Spades und Phil Marlowes. Er hat ihre filmischen Abbilder studiert und sich deren typische Gesten und Verhaltensmuster angeeignet. Als Rock'n'Roll-Fan, dessen kostbarster Besitz eine Gitarre aus Jimi Hendrix' Arsenal ist, beherrscht er aber auch die Posen der Pop-Idole: Sein Gehabe ist das eines Rockstars, der zuviele Humphrey-Bogart-Filme gesehen hat.

Der „Rock'n'Roll Detektiv“ räumt den Schutt aus dem Leben der Prominenten von Beverly Hills. Da die aber lieber mit Memorabilien bezahlen als mit Barem, steht es schlecht um die Finanzen des taffen Mr. Superspade. Da kommt ihm der Auftrag der durch günstige Verwitwung zu Reichtum gelangten Colleen Sutton (Priscilla Presley) gerade recht, ihre verschwundene Tochter (Maddie Corman) zu suchen. Einziger Anhaltspunkt: ein Foto, das mindestens so mißraten ist wie die abgängige Kleine, die sich unter dem Namen Zuzu Petals als Groupie in den Kreisen der Westcoast-Hardrocker herumtreibt. Einer von denen, Bobby Black (Vince Neil), hat kurz zuvor auf offener Bühne einen ziemlich spektakulären Abgang gemacht. Sein Begräbnis, ein Medienereignis ersten Ranges, bietet Fairlane Gelegenheit, in den Fall einzusteigen. Wie sich bald herausstellt, geht es um mehr als um eine vermißte Göre...

Der finnische Regisseur Renny Harlin gestaltete das erste Leinwandabenteuer der von Rex Weiner entworfenen Serienfigur Ford Fairlane als grellbunten Streifzug durch die Popkultur der letzten zwei bis drei Jahrzente, der, zumindest in der US- Version, gespickt ist mit anspielungsreichen Gags, die allerdings ohne Kenntnisse der populären Kultur nicht zünden. Wer Freddie Krueger oder Vince Neil nicht kennt, wird wenig Spaß haben an dieser flamboyanten Persiflage. Dennoch bedarf es kaum prophetischer Begabung, in „Ford Fairlane“ einen zukünftigen Spätvorstellungshit zu erkennen. Harald Keller

„Ford Fairlane — Rock'n'Roll Detektiv“, USA 1990. Regie: Renny Harlin, mit Andrew „Dice“ Clay, Wayne Newton, Priscilla Presley, Gilbert Gottfried, Lauren Holly, Maddy Corman u.a.

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