IGM fordert schnelle Lohnangleichung

■ Im nächsten Jahr sollen, so will es die Industriegewerkschaft, die Ost-Löhne auf 65 Prozent des West-Niveaus steigen/ Reale Steigerung um 50 Prozent/ Solidaritätsbeitrag über die Treuhandanstalt

Berlin/Frankfurt (taz) — Die Industriegewerkschaft Metall will für die Beschäftigten der Metallindustrie in den Ländern der ehemaligen DDR eine Erhöhung der Löhne auf sechzig bis 65 Prozent des West-Niveaus durchsetzen. Das bedeutet nach Angaben des für Tarifpolitik zuständigen Vorstandsmitglieds Klaus Zwickel eine Steigerung der bisherigen Löhne um rund fünfzig Prozent.

Von der vom IG-Metall-Vorsitzenden kürzlich in die Debatte geworfenen Solidarbeitrag der West- Metaller zugunsten ihrer Ost-KollegInnen war allerdings am vergangenen Mittwoch nach Beratungen des IGM-Vorstands über die Tarifsituation in Ostdeutschland keine Rede mehr.

Laut Zwickel will die IG Metall spätestens in fünf Jahren die Lohngleichheit zwischen Ost und West durchgesetzt haben. Wenn die Lohnangleichung nicht schnell passiere, sei mit größeren Wanderungsbewegungen von Ost nach West zu rechnen — mit der Folge, daß die DDR- Betriebe ihr qualifiziertes Personal verlören. Insofern könnten Lohnforderungen in den Ländern der ehemaligen DDR derzeit nicht allein ökonomisch begründet werden, sondern müßten auch eine „politisch begründete Angleichungskomponente haben“. Die Gewerkschaft ist sich klar darüber, daß ihre Forderungen über die zu erwartende Preissteigerung und den Produktivitätszuwachs hinausgehen. In Betrieben, die von West-Unternehmern übernommen wurden, müßten die Unternehmer die vorgesehenen Lohnsteigerungen mit in ihre Sanierungskosten einrechnen.

Für die anderen Betriebe würden die gestiegenen Sanierungskosten bei der Treuhandanstalt, also letztlich bei der öffentlichen Hand anfallen. Die Gewerkschaft fordert zur Finanzierung der Kosten der Einheit eine Ergänzungsabgabe für Besserverdienende.

Die Ost-Tarife laufen zum 31. Dezember 1990 aus. Die Verhandlungen dazu werden voraussichtlich schon im Dezember beginnen. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages in Ostdeutschland soll zeitgleich mit den West-Tarifen am 1. April beginnen und ein Jahr betragen. Ab 1992 würden die Tarifbewegungen in Ost und West dann schließlich zeitgleich verlaufen. marke