: Irland liefert Ellis aus
■ Anti-Terrorismus-Konvention hebelt irische Justiz aus
Dublin (taz) — Irland hat am Mittwoch zum ersten Mal einen politischen Gefangenen auf Grundlage der Europäischen Anti-Terrorismus- Konvention an Großbritannien ausgeliefert. Irische Gerichte hatten bisher häufig solche Auslieferungen abgelehnt, doch seit der Ratifizierung der Konvention ist der Begriff der politischen Straftat, auf den sie sich beriefen, enger definiert.
Nachdem das höchste irische Gericht seine Berufung gegen die Auslieferung verworfen hatte, wurde der 37jährige Dessie Ellis aus Nord- Dublin sofort per Hubschrauber zu einem Militärflughafen bei Dublin gebracht, wo bereits ein Jagdflugzeug der Royal Air Force wartete. Ellis mußte auf einer Bahre transportiert werden, da er sich seit 38 Tagen im Hungerstreik befindet.
Nur zweieinhalb Stunden nach dem Dubliner Urteil wurde Ellis im Rollstuhl vor ein Londoner Gericht gebracht und wegen Sprengstoffbesitz sowie „Verschwörung“ im Zeitraum zwischen 1981 und 1983 angeklagt. Ellis war in diesem Zeitraum jedoch nicht in Großbritannien, was den irischen Behörden bekannt sein dürfte: Bis Mitte 1981 saß er im südirischen Gefängnis Portlaoise. Nach seiner Entlassung gegen Kaution wurde er ständig observiert und mußte sich zweimal wöchentlich bei der Polizei melden. Als er 1982 in die USA reiste, wurde er schon bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in New York verhaftet und nach Irland abgeschoben, wo er in Portlaoise interniert und schließlich zu acht Jahren Haft verurteilt wurde, weil Anfang 1981 Sprengstoff bei ihm gefunden worden war. Bei Strafende im vergangenen Jahr wurde er aufgrund des Auslieferungsantrags am Gefängnistor erneut verhaftet. Scotland Yard behauptet, man habe im Oktober 1983 in einem Wald bei Oxford eine Kiste mit Sprengstoff gefunden, auf der sich Ellis' Fingerabdrücke befunden hätten. Dessie Ellis' Schwester Martha sagte gestern, daß ihr Bruder entschlossen sei, den Hungerstreik fortzusetzen. Am Mittwoch kam es zu Demonstrationen für Ellis in Dublin und London. Ralf Sotscheck
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