: Scheinbar seßhaft, trotzdem wohnungslos
■ Der Generalstaatsanwalt beim Landgericht, Hans-Joachim Heinze, über angeblich wohnungslose HausbesetzerInnen
taz: Senator Pätzold hat den Bewohnern der Mainzerstraße das Recht abgesprochen, Häuser zu besetzen. Er begründete das damit, daß 244 festgenommene Besetzer eine Meldeanschrift haben. Stimmt das?
Heinze: Meine jahrelange Berufserfahrung zeigt, daß es auch Scheinanmeldungen gibt. Daß falsche Meldeanschriften angegeben werden, merken wir täglich, wenn Ladungen mit dem Vermerk »unbekannt verzogen« zurückkommen.
Leute, die Häuser besetzen, weil sie obdachlos sind, sind doch gezwungen, sich eine Meldeanschrift zuzulegen, weil sie sonst Gefahr laufen, bei einer Räumung von der Polizei einkassiert zu werden.
Daß Hausbesetzer verhaftet werden, weil sie keine Wohnanschrift haben, ist mir nicht bekannt. Es ist aber ganz sicher richtig, daß die Gefahr, verhaftet zu werden, eher besteht, wenn jemand ein schweres Delikt begangen hat und keine Wohnanschrift hat.
Wie ist es beim Delikt Steinwurf?
Landfriedensbruch ist ja ein relativ schweres Delikt. Da würde ich schon sagen, daß das Nichtvorliegen einer Wohnanschrift den Ausschlag für eine Verhaftung geben kann, wobei natürlich immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.
Glauben Sie, daß Pätzold überprüft hat, wer eine Scheinanschrift oder eine Wohnung hat?
Dazu kann ich nichts sagen. Ich halte es aber angesichts der großen Zahl der Verfahren für äußerst unwahrscheinlich, daß in allen Fällen festgestellt worden ist, ob die Leute dort, wo sie polizeilich gemeldet sind, auch tatsächlich wohnen. Interview: plu
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