Stuttgarter Flugente

■ Der VfB feuert Entenmann und holt Christoph Daum PRESS-SCHLAG

Zwei Stunden lang hatte VfB- Coach Willi Entenmann im Erdgeschoß des Klubhauses auf ein Zeichen von oben gewartet. Denn im zweiten Stock tagte das VfB- Tribunal: Präsident, Manager und Spielerrat bastelten am Damoklesschwert. Schließlich wurde der Coach herzitiert und zum Rücktritt überredet.

Immerhin war der 47jährige 27 Jahre lang beim VfB. Zehn Jahre lang hielt er als Spieler die Knochen hin, dann als Assistenz- und Interimstrainer den Kopf. Der Rausschmiß von Arie Haan am 26. März 1990 bescherte ihm den Cheftrainer-Posten — und den Abgang. Denn unter Entenmann konnte der auf einen UEFA-Cup-Platz spekulierende VfB keins der letzten zehn Spiele gewinnen, rutschte gar auf Tabellenplatz 15 ab.

Woraufhin der ehrgeizigen Mayer-Vorfelder sofort verkündete, daß der Trainer bliebe — ein untrügliches Indiz für eine Trennung. Dann strapazierte Dieter Hoeneß „den Funken, der einfach nicht überspringt“. Also sprang der Coach über die Klinge. Und ein Kölner ein: Christoph Daum, vom 1.FC wegen Großmäuligkeit geschaßt, bleibt zumindest bis zum Saisonende.

Die Spieler scheint's zu freuen: Beim Herbstball zeigten sie eigentümlichen Übersprungshandlungen: Buchwald und Sammer trugen weiße Taschentucher als Kopfschmuck, Immel vergnügte sich mit den Fans. Rethorisch spitzfindig erging sich Präsi-Vertreter Matthias Kleinert in originellen Wortspielen: „Der Daumen zeigt bei uns aufwärts“, scherzte er, und „jetzt heißt's Daumen drücken.“

Doch daß ein Großmaul nicht genügt, wurde am selben Tag deutlich: Der FC Sachsen Leipzig entließ Trainer Jimmy Hartwig, der den Klub auf den vorletzten Tabellenplatz geführt hatte. Hartwig, der auf 200.000 Mark Abfindung klagen will, tobt: „Präsident Wolfgang Stamm wollte mich loswerden. Vom ersten Tag an haben sie gegen mich gearbeitet.“

Auch seine Äußerung, Schiedsrichter Kirschen sei „ein kleines Schweinchen“, war doch nicht so schlimm. „Was ist denn dabei? Beckenbauer sagt auch immer ,Schwarzer‘ zu mir.“ Zukunftssorgen mache er sich indes nicht. Er hat in Leipzig einen Laden namens „die Rappelkiste“ eröffnet. „Dort biete ich Spielsachen, Weihnachtsgeschenke und Kondome an.“ Als „Genießer“ weiß er, was Not tut: „Gern streife ich durch Nachtbars, schleppe dabei aber niemals wahllos, sondern nur gezielt Frauen ab. Trotzdem bin ich glücklich verheiratet.“ Denn glücklicherweise ist das dumme Schweinchen (Was ist denn dabei?) selten daheim. miß