SPD-Senat gibt Reaktor neue Chance

■ Negativ-Bescheid für HMI-Forschungsreaktor aufgehoben, da „rechtswidrig“/ Von Senatskanzlei beauftragte Gutachter werfen der Ex-Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) Verfahrensfehler vor

Berlin (taz) — Der Beifall aus Bonn kam prompt. Endlich sei das Genehmigungsverfahren für den Forschungsreaktor des Berliner Hahn- Meitner-Institutes (HMI) wieder „in Gang“ gekommen, freute sich am Samstag Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU). Zuvor hatte der kommissarisch amtierende Berliner Umweltsenator Norbert Meisner (SPD) verkündet, daß er den Negativ-Bescheid für den Forschungsreaktor aufgehoben habe, den die am vergangenen Montag zurückgetretene Senatorin der AL, Michaele Schreyer, dem HMI im vergangenen August erteilt hatte.

Der SPD-Politiker begründete seinen Schritt mit zwei Rechtsgutachten, die die Berliner Senatskanzlei in Auftrag gegeben hatte. Die Professoren Grundei und Wahl hätten übereinstimmend geurteilt, daß der Schreyerschen Senatsumweltverwaltung mehrere Verfahrensfehler unterlaufen seien. Der Negativ-Bescheid für den HMI-Reaktor sei deshalb „rechtswidrig“.

Meisner hatte erst am Montag die Geschäfte im Umweltsenat von Schreyer übernommen. Die eilig inszenierten Aufräumarbeiten im neuen Amt begründete er mit der Klage, die das HMI gegen den Senat angestrengt habe. Er lasse, so Meisner, „das Land Berlin nicht einen Prozeß weiterführen, der weiter nüscht als Geld kostet“.

Die Aufhebung des Negativ-Bescheides ist freilich nicht gleichbedeutend mit einer — positiven — Betriebsgenehmigung. Ein neuer Bescheid werde „so schnell wie möglich“ folgen, versprach der SPD-Senator, „Gründlichkeit“ gehe aber „vor Geschwindigkeit“.

Schreyer hatte den Reaktorbetreibern die Genehmigung verweigert, weil sie nicht hinreichend nachgewiesen hätten, wo und wie die abgebrannten Kernbrennstäbe entsorgt werden sollten. Meisner wollte sich am Samstag zu dieser Frage nicht äußern.

Die Gutachter hatten weniger Zurückhaltung gezeigt. Sie warfen dem Schreyer-Bescheid nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Fehler vor und bezeichneten den Reaktor als genehmigungsfähig.

Grundei und Wahl sind jedoch beide keine ausgewiesenen Atomrechtler. Der kommissarische Umweltsenator Meisner mußte am Samstag einräumen, es gebe trotz der Gutachten offene rechtliche Fragen. Der SPD-Politiker verwies insbesondere auf die Frage, ob die Bonner „Grundsätze zur Entsorgung von Kernkraftwerken“ (GEK) für das Land Berlin verbindlich seien.

Die Senatsgutachter hatten dies im Gleichklang mit Töpfer — und im Gegensatz zu Schreyer — bejaht. Meisner ließ nicht unerwähnt, daß ein Gutachter im Auftrag der SPD- geführten schleswig-holsteinischen Landesregierung zum selben Ergebnis gekommen war, wie seine grüne Amtsvorgängerin Schreyer. Hmt