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Betriebe wollen wieder eigene Kindergärten

■ Kita-Misere: „Betriebsnahe“ Lösung im Gespräch

Mit staatlicher Kinderversorgung können berufstätige Eltern oft nicht mehr rechnen.Für die Realisierung von Frauenförderplänen ist die Kinderbetreuung jedoch ein wesentliches Fundament. Einige Großunternehmen suchen deshalb mittlerweile nach eigenen Wegen: Betriebskindergärten kommen wieder ins Gespräch, allerdings nicht nach dem Muster der „Bewahranstalten“, wie sie in den 60er Jahren auch in Bremer Betrieben aufgelöst wurden. Die von Arbeitgebern und Beschäftigten derzeit diskutierten Modelle sind lediglich „betriebsnah“: Die pädagogische Betreuung soll weiter staatliche Aufgabe bleiben und der Kindergarten für Kinder des umgebenden Stadtteils offen.

Solche betriebsnahen Kindergärten will auch die Sozialsenatorin fördern, ohne allerdings damit die Kindergartenfrage für Berufspendler aus Niedersachsen lösen zu wollen.

Auch die zuständige Referentin der evangelischen Kirche in Bremen, Ilse Wehrmann, sieht in der Kooperation mit der Wirtschaft die einzige Perspektive aus der Misere. Betriebs- und Investitionskosten würden dann, je nach Beteiligung der Behörde, anteilig oder ganz, den Unternehmen aufgehalst. Für ErzieherInnen sorgen die jeweiligen Träger, und die Behörde kontrolliert die Standards der Einrichtungen.

Drei solcher Projekte werden derzeit in Bremen konkret verhandelt: Die Stadtwerke (Personalrat und Geschäftsleitung) wollen mit der „Christlichen Elterninitiative e.V.“, das Zentralkrankenhaus-Ost in der alten Krankenpflegeschule und die Angestelltenkammer in ihrem Berufsbildungsinstitut für Umschülerinnen neue Kindergärten schaffen. Deutsche Bank und die Deutsche Airbus denken ebenfalls in diese Richtung.

Die Gewerkschaften stehen den betriebsnahen Kindergärten jedoch ähnlich skeptisch gegenüber wie ehedem den rein betrieblichen: Während die Pflegekonferenz der ÖTV gerade für den Krankenhausbereich die Kinderbetreuung klar forderte, um dem Arbeitsmarkt die fehlenden Fachkräfte erschließen zu können, sieht die Gewerkschaft damit gleichzeitig grundsätzliche Ziele gefährdet: Einerseits steige die Abhängigkeit der Beschäftigten von ihren Arbeitgebern, andererseits würde, besonders im Pflegebereich der Krankenhäuser, die Öffnungszeit der Kindergärten der Arbeitszeit der Eltern angepaßt. Die Schichtzeiten würden damit schon auf das Leben der Kinder übertragen, befürchtet die ÖTV. ra

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