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Opposition erhofft Trendwende für Bremen

■ Niedrige Wahlbeteiligung schadete Grünen und SPD / CDU und FDP überdurchschnittlich gut

Wenn sich in den Bremer Parteizentralen die Politiker an die Detailanalyse der Wahlergebnisse machen, dann werden sie einige Nüsse zu knacken haben. Denn das Bremer Wahlergebnis weist im Bundesvergleich mehrere auffällige Besonderheiten auf. In keiner der Größe nachvergleichbaren Großstadt haben SPD (4,2%) und Grüne (6%) soviel verloren. Und in keiner Stadt haben CDU (1,88%) und besonders die FDP (4,1%) so kräftig zugelegt. Das ist das Ergebnis einer ersten Wahlbeurteilung, die das Statistische Landesamt (StaLa) über Nacht erstellt und gestern vorgelegt hat.

Eine weitere Besonderheit: In keinem der alten Bundesländer, mit Ausnahme von Bayern, ist die Wahlmüdigkeit so ausgeprägt wie in Bremen. Die Nichtwähler sind mit 22,2 Prozent deutlich die drittstärkste Partei. Am wahlfreudigsten sind noch die 60- bis 70jährigen, die zu 86 Prozent wählten. Dagegen gingen von den ErstwählerInnen nur noch 59 Prozent zur Wahl. StaLa-Chef Volker Hannemann: „Die Wahl bestand im wesentlichen aus Prognosen, die oft mit der Realität nichts zu tun hatten. Das kann die Wahlmüdigkeit verstärken.“

Grüne und SPD haben nach Untersuchungen des StaLa in ihren traditionell starken Wahlbezirken zweifach Federn lassen müssen. Die Zahl der Wähler ging dort besonders stark zurück, und die, die wählten, wählten vermehrt andere Parteien. Dagegen gewannen CDU und FDP in allen Teilen Bremens und durch die Altersgruppen ziemlich konstant.

Eine völlig neue Tendenz gibt es bei der Gewichtung der Erststimmen für die Grünen. Lag die Partei bislang bei den Erststimmen mehrere Prozentpunkte hinter dem entscheidenden Zweitstimmenergebnis, so dreht sich das Wahlverhalten. Viele, die die sowieso aussichtslosen Direktbewerber der Grünen unterstützten, gaben ihre Zweitstimme offenbar der SPD oder auch der FDP.

Die PDS blieb im Land Bremen mit 1,06 % in dem Rahmen, in dem sich früher die DKP bewegte. Stärker waren da noch die Republikaner mit 2,08 Prozent und sogar die Grauen mit 1,75 Prozent.

In der Landespressekonferenz sprach der künftige Bundestagsabgeordnete der CDU, Günter Klein, von einem Signal auch für die Bürgerschaftswahlen im September. Bremische Themen hätten im Wahlkampf besonders gezündet. Dagegen warnte der FDP-Fraktionsvorsitzende Claus Jäger davor, das Ergebnis auf die Bürgerschaftswahlen zu übertragen und „euphorisch abzuheben“.

Die verkrusteten Bremer Strukturen seien aber durch das Wahlergebnis aufgeweicht. Die SPD- Vorsitzende Ilse Janz sah dagegen keine bremenspezifischen Besonderheiten bei dem Ergebnis. Janz: „Das war eine Kanzlerwahl.“ Und der Grüne Ralf Fücks gab für die Bürgerschaftswahlen trotzig die Parole aus: „Jetzt die SPD- Mehrheit knacken.“

hbk

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