SCHAUBURG ZEIGT: "NEBEL"Schuld und Sühne

Eine dunkle Welt ist eine archaische Welt ist eine strenge Welt. Und je dunkler, desto gebeutelter sind ihre Bewohner vom Unartikulierbaren, von Schuld und Sühne. Gefahr ist immer, aber wo genau? „Nebel“ heißt der mehrfach preisgekrönte Film des türkischen Filmemachers Ülker Livaneli. Und in „Nebel“ handelt es sich um die Türkei im Jahre 1978, politische Gruppen bekämpfen sich bis aufs Blut — aber was die Menschen, Verzeihung: Männer, wirklich umtreibt, das sind ihre archaisch-ehernen Gesetze der Sprachlosigkeit und der Härte.

Ein Mord geschieht — politischer Mord, Brudermord? — und eröffnet die Männer-Welt: also Väter und Söhne. Eine Welt, in der mann Wahrheiten suchen, aber selbst keine mehr herstellen kann.

Der Vater des Ermordeten, ein an seinen Idealen schon zerbrochener Richter, beginnt eine Odyssee, um seinen zweiten Sohn vor der Rache der politischen Gegner zu retten. Zweifelt selbst gehörig, ob er nicht doch einen Kain gezeugt hat. Aber was ein Mann sein will, das erledigt sowas mit zweidrei kräftigen Ohrfeigen: Tür auf, fragen: Hast du etwas zu verheimlichen, Sohn verzweifelt stumm, schlagen, Tür zu. Ja, so heruntergekommen wie die tristen Räume sind nebenbei auch die Beziehungen zwischen den Generationen.

Trotzdem verstrickt Vater sich mit, wird mitverfolgt. Umgibt sich mit der Aura des Handelnden, obwohl er weiß, daß es keine hellere Welt gibt, in die er retten könnte. Trägt mann eventuell Trauer wegen des toten Sohns? Wir wissen es nicht, mann blickt nur triefend vor Finsternis in keine Zukunft. Könnten Frauen eventuell helfen? Allah bewahre, die beiden weiblichen Randfiguren sind so naiv und feige, daß sie weder verbotene Bücher vebrennen noch Zuflucht gewähren können.

Zum Schluß sind ein ratloser Vater und sein Sohn gemeinsam am Ende, so daß die Interpretation sich anböte: in eingestandener Hilflosigkeit endlich kommen sich die beiden Protagonisten näher. Aber was weiß ich, eine Frau, über Männer am Ende? claks

Ab morgen, Original mit Untertiteln