: Britische Exertitien in Malerei
■ »London in der Berlin«: Acht Diplomkünstler aus den Royal Academy Schools stellen in der HdK aus
Kunst als Fetisch: Tasmin Pender, eine junge britische Künstlerin, widmet sich in edelholzgerahmten Glas- und Spiegelkästen der Kunst des Sammelns und Ordnens. Kleine schwarze Haifischzähne sind da niedlichst hinter kleine Fensterchen sortiert, Fisch- Sammelbildchen und getrocknete Zierfische bilden ein Ornament im meergrünen Sandkasten, eine große Muschel lockt als Venushügel in einem gipsernen Torso, rote Plastikmünder küssen durch die runden Löcher einer türkisfarbenen Peepshow. Einen Hauch zu verspielt und unschuldig geraten ihre Anordnungen der Objekte, die sich ironisch auf die museale Anbetung von Kunst beziehen. Der Leidenschaft des Sammlers, der sich auf erotische oder naturkundliche Objekte mit der gleichen Begierde stürzen kann, empfiehlt sie in dieser Aufmachung die Kunst und schiebt sie klammheimlich unter seine zitternden Hände.
Tasmin Pender ist die einzige Nichtmalerin in einer Gruppe von acht britischen Diplomkünstlern der Londoner Royal Academy of Arts, die sich jetzt im Rahmen eines Bilderaustausches in der Hochschule der Künste vorstellen. Penders nostalgisch getönter Dadaismus wirkt zwischen den schwermütigen Leinwänden ihrer sieben Kollegen fast wie ein Ausbruch. Wenigstens reagiert sie mit Humor auf die Problematik des Kunstbetriebs.
Einen fast schon exzentrischen Konservatismus bescheinigt Norman Rosenthal, Mitglied der Royal Academy of Arts, dieser Schule im Vorwort des kleinen Katalogs London in Berlin und betont ihre Tradition der Malerei. Eine asketische Malerei, die sich selbst immer neue Spielregeln der Begrenzung auferlegt, um unter diesen erschwerten Bedingungen zu ihrem eigentlichen Wesen vorzudringen, präsentieren denn auch Simon Beckmann, Elpida Georgiou, Aneela Majid und David Mollin. Malerei pur, geschaffen als Objekt der Meditation: Beckmann verewigt seine Studien eines pflanzlichen Skeletts in Bewegung, eines eigentlich flüchtigen und leichten Gegenstandes, in Öl und zähem Wachs, bis sie die Schwere von Versteinerungen bekommen. Elpida Georgiou versucht eine postmoderne Wiederbelebung klassischer Sujets, die sie gegen monochrome Bildtafeln setzt, eine erhabene Form der weißen Buchseite Raum für eigene Gedanken. Aneela Majid kämpft damit, sich das einfache Ins-Bild-Setzen einer Figur nach klassischen Kompositionsregeln zu verkneifen, und übermalt in einem Akt der Selbstbestrafung die Figuren, die aber doch als Schemen wieder durchschimmern. Mollin setzt in seinen quadratischen Bildtafeln auf Dunkelheit als pathetische Verweigerung gefälliger Malerei.
Die Geschichte der Malerei und der Kampf gegen ihr behauptetes Ende lastet zu schwer auf den Schultern dieser Maler, als daß noch etwas von ihren eigenen Motivationen oder gar Lüsten des Kunstmachens durchschimmern, geschweige denn überzeugen könnte. So kann man die Ausstellung vielleicht als Einblick in die Abgründe des Malerei-Studiums und Warnung vor den trockenen Ebenen des Künstlertums verstehen. Als repräsentativer Ausschnitt der Londoner Kunstszene aber haben diese Exerzitien hoffentlich keine Gültigkeit. Katrin Bettina Müller
London in Berlin. Acht Künstler aus den Royal Academy Schools in der Hochschule der Künste, Hardenbergstraße, bis 15.Dezember.
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