: Die AL kehrt in sich
■ Mit der Außenwelt will die AL nicht kommunizieren KOMMENTARE
Irgendwie hat sie irgendwas falsch gemacht. Das ist der AL aufgefallen und auf diese Erkenntnis wollte sie in ihrem Beschluß auch gar nicht verzichten. Zugleich jedoch hat sie kein einziges Versäumnis öffentlich benannt, die Selbstkritik bleibt der Beliebigkeit der streitenden Meinungen überlassen. Daß die AL vor allem Stimmen an die SPD verloren hat und daß das mit dem von der AL beschlossenen Ausstieg aus der Koalition zu tun hat — diese simple Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, war für die Mehrheit der Anwesenden schon zu viel verlangt. Nach draußen steht die AL wieder da wie vor zehn Jahren: Als Partei, die im Zweifelsfall lieber in der Opposition steht und die ihre Hauptsorge in der Abwehr gewalttätiger Polizeieinsätze sieht. Das mag stimmen oder nicht, korrigiert hat die AL den Eindruck noch nicht. Selbst das Realo- Papier verharrt da im Floskelhaften. Die AL kehrte in sich — um dort erst mal zu verharren. Mit diesem Erscheinungsbild wird die AL wenige der von ihr Enttäuschten zu den für die Zukunft versprochenen Diskussionen anlocken. Ihren Altlinken möchte sie selbst in Zeitenwechseln keine Inventur zumuten, geschweige denn nötige Wertberichtigungen. Der Parteifriede ist wichtiger als die Kommunikation mit Wählern und Nichtwählern. Das ist der Weg zurück ins Ghetto.
Anders als bei Mitverlierer Momper geht es für die Partei der Alternativen um die Frage der Existenz — und Existenzberechtigung. Die ersten Äußerungen ihrer Funktionäre klingen beängstigend: In einem Berliner Parlament, in dem mit SPD und PDS gleich zwei sozialdemokratische Parteien vertreten sind, kündigt ausgerechnet die AL ihre Hinwendung zur Sozial- und Wirtschaftspolitik an. Es klingt, als wolle uns der Mercedes-Benz- Konzern mit einem Mal spezifische Kompetenzen auf dem Feld der Schokoladeherstellung andienen. Die AL hat für die nächsten Jahre eine Chance: Die Alternative einer ökologischen Reformpolitik ebenso anzubieten wie eine Perspektive für Minderheiten und nichtorganisierte Interessen. Im Regierungsprogramm einer großen Koalition ist dafür kaum Platz. Hier glaubwürdige Gegenmodelle zu präsentieren, mag die AL der FDP überlassen. In diesem Fall werden sich Wähler und Wählerinnen freilich nicht scheuen, die AL sich selbst zu überlassen. Hans-Martin Tillack
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