7 Meter vorm Abgrund

■ Im Spitzenspiel der 1. Handball-Liga Ost schlug HC Preußen Tabellenführer SC Magdeburg mit 21:17

Handball-Bundestrainer Horst Bredemeier wußte, warum er nach Charlottenburg gereist war. In den Reihen der beiden Kontrahenten HC Preußen und SC Magdeburg stehen zahlreiche Anwärter auf Stammplätze in der neuen Nationalmannschaft.

Auch der HC, ebenso wie die Gäste Gewinner des Deutschland- Cups 1990, hatte guten Grund, sein Heimspiel vom Sportforum Hohenschönhausen in die Sporthalle Sömmeringstraße zu verlegen. Der Verein, der sich im September vom 1. SC Berlin lossagte, braucht Rückhalt in der Stadt. Möglichst viele Fans sollen die Preußen bei freigebigen Geldgebern ins Gespräch bringen. Noch ringt Berlins einziger Männer-Erstligist im Handball ums Überleben, nachdem auch die Connection zur Fechtmarketing GmbH des Tauberbischofsheimer Säbel-Papstes Emil Beck nicht den gewünschten Geldregen provozierte.

Vielleicht sollte der HC bei der hiesigen Feuerwehr anklopfen. Denn nach neun Spielminuten führten die Preußen bereits mit 5:1. Helge Janeck, Jean Baruth oder Stephan Hauck konnten den Ball fast nach Belieben durch die löchrige Abwehr der Anhaltiner tragen. Der Spitzenreiter hingegen scheiterte am offensiven Defensivblock der Grünen, die drei Akteure als Abfangjäger in den Magdeburger Rückraum beorderten. Wenn die Roten dennoch einmal durchkamen, pflückte Berlins exzellenter Torwart Lutz Grosser die Bälle. Bredemeiers Notizbuch dürfte sich von alleine geöffnet haben.

8:6 hieß es bei Halbzeit. Eine mickrige Torausbeute — dank Grosser und seines Gegenübers Gunar Schimrock. Nach 30 Minuten wurde es spannend. Magdeburg gab seine Zurückhaltung auf und nahm seinerseits die HC-Scharfschützen Stephan Hauck sowie Oliver Plohmann in Manndeckung. Nach 36 Minuten ging der SC zum erstenmal mit 9:8 in Führung. Wehmütig dachten die Preußen an jene vier von fünf Siebenmeter- Strafwürfe, die sie zu Anfang nicht hinter Schimrock deponieren konnten. Nun hatten auch die SC- Torjäger Jaisvidas Jankericius und Thomas Michel Zielwasser getrunken, so daß die Ergebnistafel nur mühsam der Torflut folgen konnte.

In der 55. Minute entschieden die schiedsrichternden Sportfreunde Buchda und Eichhorn auf Tor für HC Preußen, obwohl Stephan Hauck vor seinem Torwurf zum 17:15 eindeutig zu viele, nämlich vier Schritte gemacht hatte, ohne dem Ball einen Bodenkontakt zu gestatten. Wut machte sich auf Magdeburgs Trainerbank und im mitgereisten SC-Fanblock breit. Das war die Entscheidung, auch wenn der Gast seine Abwehrformation bald auflöste und sein Heil im Nahkampf Mann gegen Mann suchte. Zweimal überlistete der HC diese Brachialmethode und frohlockte nach dem Schlußpfiff über ein deutliches 21:17 gegen den bis dato verlustpunktfreien SC Magdeburg. Jürgen Schulz