Daimler-Benz sucht Frauen für die Führung

Dem weiblichen Ingenieurnachwuchs zahlt der Konzern Studienstipendien  ■ Aus Stuttgart Erwin Single

Was in Sachen Frauenförderung Ziel und Programm des Daimler-Benz- Konzerns ist, hat gestern dessen Personalvorstand vorgestellt: „Wir wollen die personalpolitischen Rahmenbedingungen schaffen, daß Chancengleichheit und ein Klima der Aufgeschlossenheit herrschen“, verkündete der Daimler-Personalvorständler Hans-Wolfgang Hirschbrunn — angesichts der seit Jahr und Tag geforderten Gleichbehandlung von Frauen eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Das berücksichtigen inzwischen auch die Unternehmen; und gerade der größte bundesdeutsche Konzern möchte sich jetzt auch dabei werbewirksam an die Spitze setzen. Derzeit beschäftigt der Konzern über 50.000 Freuen, lediglich 17 Prozent der Belegschaft.

Im Daimler-Benz-Konzern wird eine posititve Zwischenbilanz der bisherigen Frauenförderung gezogen. Besonders auf die im Sommer 1988 zwischen Konzernleitung und Arbeitnehmervertretung abgeschlossene Betriebsvereinbarung „Familie und Beruf“ wird mit Stolz gezeigt, hat doch die in dem „Mercedes unter den bundesdeutschen Regelungen“ (Mercedes-Personalvorstand Heiner Tropitsch) verankerte „Familienpause“ inzwischen Eingang in den Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden gefunden. Um berufliche Interessen und Kinderwünsche besser in Einklang zu bringen, haben Mütter und Väter bei der Daimler-Holding, bei Mercedes, MBB und AEG die Möglichkeit, neben dem gesetzlichen Anspruch auf Erziehungsurlaub eine Familienpause von sieben bis maximal zehn Jahren einzulegen — mit Wiedereinstellungsgarantie auf einen adäquaten Arbeitsplatz, Weiterbildungsmaßnahmen während und nach der Erziehungszeit sowie einer teilweisen Anrechnung auf die betriebliche Altersversorgung.

Dieses Modell werde von mehr als der Hälfte aller Anspruchsberechtigten genützt, hieß es. Derzeitige Bilanz: 600 Frauen und ganze zwei Männer. Erziehungsurlaubende Männer sind also wie in allen anderen Unternehmen Ausnahmen; ebenso wie Frauen in höheren Positionen. „Ein sehr großer Nachholbedarf“ wurde bei Frauen in Führungspositionen registriert: Ihr Anteil liegt derzeit bei ganzen zwei Prozent, die fast ausnahmlos der mittleren Ebene angehören. Dem Unternehmen fehle die betriebsinterne Rekrutierungsbasis für weibliche Nachwuchskräfte, wurde die Kritik an diesen Zahlen zurückgewiesen. Der Konzernpersonalvorstand gibt sich optimistisch, den Frauenanteil durch verstärkte Einstellung von Hochschul- und Fachhochschulabsolventinnen zu steigern. Hierzu wurden als Anreiz Stipendienprogramme für Abiturientinnen aufgelegt, die sich für technisch-naturwissenschaftliche Studiengänge entscheiden.

Die beherrschende Rolle beim Thema „Frauenförderung“ spielt für Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat jedoch nach wie vor die Teilzeitarbeit. Die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze wurde in einem Jahr um zehn Prozent erhöht; die Nachfrage ist immer noch größer als das Angebot. Während im Angestelltenbereich noch die Halbtagsvariante dominiert, wurden in verschiedenen Produktionsbereichen Varianten erprobt, bei denen Frauen im wöchentlichen Wechsel an zwei bzw. drei Arbeitstagen mit je acht Stunden nach einem festen Schichtplan arbeiten. Das Modell habe sich bewährt; es soll künfig MitarbeiterInnen im gewerblich-technischen Bereich angeboten werden.