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Schmuddelkinder mit Tellerwäscher

■ HfK-Rektor Waller stellt sich der von ihm kritisierten Kunstszene / Großer Dampfablaß in der Kunsthochschule

Jürgen Waller hatte gerufen, und alle kamen: Am Dienstag abend stellte sich Kunsthochschulrektor Waller anläßlich einer Podiumsdiskussion in seinem Instituts der Bremer Kunstszene, und an die 200 KunststudentInnen, GaleristInnen und mehr oder weniger frei schaffende KünstlerInnen drängten sich ums Podium, das konfliktträchtig mit Professoren, Künstlern, Funktionären und einem Galeristen besetzt war.

Offizielles Thema: die Praxis der Bremer Künstlerförderung. Von Moderator Peppel mühsam und erfolglos unterdrücktes Thema: die Person Waller, die in mehreren Rundumschlägen in Prinz und taz die Bremer Kunstszene als träge und staatsgemästet (ABM, soziale Künstlerförderung) und „seine“ StudentInnen als Konkurrenz und uninteressant apostrophiert hatte (vgl. taz vom 3. und 14.11.).

Statt Wallers propagiertem „Kulturkampf“ zugunsten von nennenswerten Haushaltsmitteln für die Kunst gab es zunächst „Klassenkampf“: Künstler als notleidende Arbeitnehmer versus Künstler als marktgerecht aufgemotzte, geniale Einzelkämpfer.

Sotrop (KünstlerInnen-Berufsverband BBK): Aus dem „wohlgeheizten Rektoratszimmer“ geht's gegen die, „die draußen frieren“. Waller: Lob der Konkurrenz, Lob des Marktes. Prof. Thiele, BBK-Mitglied, entdeckte bei Waller die Kapitalismus-Lüge vom Tellerwäscher und sah die staatsgeförderten KünstlerInnen als „Schmuddelkinder“ denunziert.

Ein Künstler aus dem Auditorium fand eine Analogie zur aktuellen Politik: „Herr Waller, machen Sie es wie Ihr Vorbild Thatcher, treten Sie zurück!“ Applaus.

In der Sache verschoben sich die Fronten. Weitgehend Konsens herrschte hinsichtlich der Forderung Wallers, die Verteilung der eigentlich doch erwünschten „Staatsknete“ müsse von den Künstlern mitverwaltet werden, zwecks Qualitätsbestimmung, unmöglich sei der Zustand, daß ein Künstler, der eine Wand entdeckt hat, zum Senator geht und eine ABM bekommt. Waller: „Ich will die ABM retten!“

Einigkeit auch darüber, daß das Image der Bremer Kunst zu verbessern sei. Aber wie? Galeristin Rabus schlug eine gemeinsame (staatsfinanzierte) Werbekampgne vor. Sotrop argwöhnte: „Die Künstler haben gekreißt und ein Plakat geboren...“

Fazit: Die Staatsknete soll in einen Topf, vom Kultursenator verwaltet, als Haushaltstitel erheblich aufgestockt und von „den Künstlern“ mitbestimmt. Darüber, wie das Geld zu verteilen sei, lagen naturgemäß diverse Vorstellungen vor.

Stipendien für Hochschulabgänger befürwortete auch der gescholtene Provokateur; außerdem Katalog-n und Transportkostenzuschüsse, Ausstellungsraum für in- und auswärtige Kunst (Konkurrenz!). Und ein anständiger Ankaufsetat. Und (so ein Eiferer aus dem Publikum) ein Architekturmuseum und eine internationale Bremische Kunstzeitschrift und Künstler sollen im Weserkurier zeichnen dürfen...

Zum Schluß Wallers Erfolg: BBK-Sotrop riß die Initiative an sich und lud für 1991 zu jeder Menge Brainstorming innerhalb einer BBK-Initiative, um all die

Video-Installation von W.Staehle

Forderungen, die alte Hasen wie Senats-Manske seit Jahrzehnten stellen, der Politik erneut kraft

hierhin bitte

das Foto

„art is lost...“

voll vorzustellen.

Der Moderator resümierte die Veranstaltung unter dem Begriff

Foto: Kunsthalle

„Klimabeschreibung“. Einer aus dem Publikum wußte es besser: „Klimakatastrophe!“ Bus

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