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Bestattet am Borkumer Riff

■ Im Trend: Seebestattung / Pietät: gewährleistet / Nur für „Meerverbundene“

Die Nationalflagge im Heck des schmucken Passagierdampfers Jan Cux, der für gewöhnlich Fröhliche und Trunkene nach Helgoland befördert, weht auf Halbmast. Aus den Bordlautsprechern dringt leichte Trauermusik, Kurs Nord-West liegt an. Die Witwe, einige entfernte Verwandte und Mitglieder der Marinekameradschaft Rupertiwinkel stehen schweigend an Deck. Bis die Position 53 Grad 54 min nördlicher Breite und 6 Grad 18 min östlicher Länge erreicht ist: der Borkumer Riffgrund. Ein „Urnenfeld“. Nach kurzer Ansprache übergibt der Kapitän die schnell auflösbare Quarzalith- Urne der See. Tränen und Blumen werden hinterhergeworfen, das „Seemannsgrab“ wird einmal umfahren. Eintrag ins Logbuch, Nationale gehißt, die mit dezentem Tuch belegten Tische werden gedeckt: Leichenschmaus. Nach gut vier Stunden läuft man Cuxhaven wieder an.

Die Seebestattung: Die Erdbestattung wurde mit Blüm erheblich teurer, ebenso die Grabpflege, zu der heute immer weniger Zeit und Lust haben. Da bietet sich das Wassergrab an, die Kosten liegen incl. Musik und Ansprache bei 2.000 DM. Doch finanzielle Überlegungen verbieten Pietät und Gesetzgeber: In jedem Fall ist die „besondere Verbundenheit mit dem Meer“ des Verstorbenen der Behörde (in Bremen: dem Stadt-und Polizeiamt) nachzuweisen. Das kann die Jolle auf dem Chiemsee sein, ein maritimer Beruf, tragischer Tod beim Angeln, aber auch der unerfüllte Jugendwunsch, „ einmal zur See zu fahren“. Oder eben Weltkrieg II Erlebnisse bei der Kriegsmarine. Um Komplikationen zu vermeiden, sollten InteressentInnen, so empfiehlt Kapitän Bruno Detzkeit von der Cuxhavener Seebestattungs-Reederei, rechteitig testamentarisch ihre Seeverbundenheit erklären.

Von wegen: Sich in Leinen nähen lassen und Eisen an die Füße... Das ganze Verfahren ist von Gesetzen und Verordnungen umlagert. Versenkt werden darf nur — lt. Hohe-See-Einbringungsgesetz zur Verhütung der Meeresverschmutzung — außerhalb der Dreimeilen-Zone, und auch nur in DHI-(Deutsches hydrografisches Institut)geprüften Urnen, die in einer Stunde zerfallen. Man stelle sich vor, ein Fischer fände sie in seinem Netz!

Die meisten Angehörigen verzichten auf geistlichen Beistand, aber nicht auf Imbiß. Fast alle Seebestattungen laufen würdevoll ab, Kapitän Detzkeit (ca. 6 Bestattungen pro Monat, Tendenz: steigend) erinnert sich nur an einen Zwischenfall, als die Witwe die Urne nicht rausrücken wollte. Eine „heikle Situation“, die alles psychologische Geschick erforderte. Durch die weitgehende Reglementierung ist es übrigens auch dem Enkel noch möglich, an Opas letzter Ruhestätte zu beten: Die Angehörigen erhalten eine „Urkunde“ mit Logbuchauszug und einer Seekarte, in der die Koordinaten des feuchten Grabes exakt eingetragen sind.

Burkhard Straßmann

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