Ermittlungen wg. Golfkrieg-Anzeigen

■ Vielleicht Strafverfahren gegen alle, „die helfen wollen, nicht zu töten“

“Wenn ich bestraft werden soll, weil ich Menschen helfen will, die nicht töten wollen — dann sollen mir Richter und Staatsanwälte das begründen!“ Der grüne Fraktionssprecher Martin Thomas ist einer der über hundert Menschen, die in einer Anzeigenserie auch in der taz bekannt haben: “Ich bin bereit, einem flüchtigen US-Soldaten zu einer Unterkunft zu verhelfen.“

Ob diese Aktion und außerdem verschiedene ähnliche, öffentliche Äußerungen von Thomas möglicherweise eine Aufforderung zur Begehung einer Straftat ist bzw. Beihilfe zur Fahnenflucht sind, ob also Strafanzeige gestellt wird, das prüft derzeit Staatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach.

Falls Anklage erhoben wird, würde das für alle UnterzeichnerInnen gelten. Auch wenn theoretisch auf Fahnenflucht bis zu 5 Jahren und auf Beihilfe dazu rund drei Jahre Gefängnis stehen, rechnet Thomas' Rechtsanwalt Reinhard Engel „höchstens mit einer Geldstrafe, eigentlich aber mit Freispruch“. Engel, Mitverfasser und Unterzeichner des Aufrufs, vertritt Thomas für seine öffentlichen Aussagen zum Thema Golfkrieg-Desertion.

Engel: „Die Anzeigen enthalten keine Aufforderung zu desertieren, sondern persönliche Erklärungen. Und die politische Erklärung, daß die Landesregierung Deserteuren Asyl gewähren soll.“ Die grüne Fraktion hat sich hinter Thomas gestellt, der inzwischen aus dem ganzen Bundesgebiet über 60 Anrufe bekommen hat: Ehefrauen und Angehörige von den US-Soldaten, die schon für den Golfeinsatz geimpft wurden und Anweisung haben, ihre Testamente zu machen. S.P.