Das Beste für die Alten

■ „Gefährliche Pflege“: 2 Wachen für 300 Alte

Pflegenotstand ist in aller Munde. Auch in der Bremer Heimstiftung gibt es zu wenig Personal, wie in den meisten anderen Einrichtungen auch. In den letzten Jahren haben sich Gerontologen mit dem Thema beschäftigt, was denn eigentlich mit den pflegebedürftigen Alten passiert, wenn zu 50 Prozent schlecht ausgebildete PflegerInnen an den Betten der alten Menschen stehen. Da geht alles „schnell, schnell“ und manchmal auch ein bißchen ruppig zu. Denn den überforderten und schlecht bezahlten Pflegekräften bleibt nichts als die Wut, daß da wieder eine Alte in der Scheiße liegt. Für das berühmte „liebe Wort“ bleibt keine Zeit, und darunter leiden alle.

Im November wandten sich der Betriebsrat und Pflegekräfte aus drei Heimen der Bremer Heimstiftung an die Sozialsenatorin, weil sie meinten, die Situation in einem der Heime nicht mehr verantworten zu können. Die Senatorin und Vorstandsvorsitzende Sabine Uhl reagierte gar nicht, der Geschäftsführer Alexander Künzel rügte und drohte mit einer Eintragung in die Personalakte. Erst da wandte sich der Betriebsrat an die Öffentlichkeit.

In keinem der Heime gäbe es die im Fachjargon sogenannte „gefährliche Pflege“, sagte Künzel gestern zu Journalisten, und Sabine Uhl ergänzte nach dem Motto, was nicht sein darf, kann nicht sein: „Das könnte ich als Vorsitzende gar nicht zulassen.“

„Gefährliche Pflege meint, daß jemand aus mangelnder Versorgung wundliegt oder mal nichts zu trinken bekommmt oder - im schlimmsten Fall — die ausrutschende Hand der PflegerIn zu spüren bekommt.

Zwei PflegerInnen, so Karin Voth, Pflegedirektorin und Leiterin der Altenpflegeschule, könnten in der Wochenendschicht 30 Schwerstpflegefälle füttern, waschen und versorgen: „Ich würde nicht sagen, wir versorgen sie nicht“, formulierte sie vorsichtig auf der Pressekonferenz.

Alexander Künzel hatte sich selbst angezeigt. Die Heimaufsicht, so versicherte er, sei bereits da gewesen und habe alles für in Ordnung befunden. Die Qualität der Versorgung, so Künzel, bewege sich im „Mittelfeld“, und Verbesserungen würden ständig vorgenommen.

Der Betriebsrat durfte auf der Pressekonferenz nicht Stellung nehmen. Er sei zu einer öffentlichen Diskussion nicht befugt, hatte Künzel vorgebeugend angeordnet. Wegen der anschließenden Diskussion auf dem Flur befürchten die Betriebsratsmitglieder weitere Repressalien. bear