Vizepräsidentin im „Irritationsbereich“

■ Schweigt zu Hussein, pflegt Kontakte zu ganz Großen: ButenbremerIn in der Deutsch-irakischen Gesellschaft

Der irakische Präsident Saddam Hussein ist in aller Munde. Warum nicht auch einmal über Ulla Behr-Kinzel reden? Ulla Behr-Kinzel ist Vizepräsidentin der „Deutsch-irakischen Gesellschaft“. Sie wohnt bei Bremen und läßt sich für Bremer Zeitungen gerne inmitten arabischer Botschafter ablichten. In den 70er Jahren lebte sie lange im Irak, war dort „die erste weibliche Hochschullehrerin“ und hat aus ihrer damaligen deutsch-irakischen Ehe einen Sohn. Die gelernte Lehrerin arbeitet derzeit am Fachbereich Wirtschaft der Bremer Universität am „Institut für Projektmanagement“.

Ulla Behr-Kinzel ist eine ausgesprochen vielbeschäftigte Frau. Schließlich kommt es doch zu einer Verabredung mit der taz. Und Ulla Behr-Kinzel ist nicht zu übersehen beziehungsweise zu überhören: eine stattliche und blondierte Erscheinung, kurz der Rock und laut die Stimme. Der Typ Frau, der nie älter als 26 werden will.

„Wir sind keine politische Gesellschaft“

„Ich habe ein Ehrenamt“, betont sie sogleich. „Ein Ehrenamt, das nicht bezahlt wird. Sonst bräuchte ich ja wohl nicht als Lehrerin zu arbeiten.“ Seit 1986 hat sie dieses Ehrenamt bei der Deutsch-irakischen Gesellschaft inne: „Wir sind keine politische Gesellschaft. Wir kümmern uns um wirtschaftliche und kulturelle Dinge. Deshalb reise ich auch ständig in den Irak. Wir wollen, daß man sich menschlich näher kommt.“ Nein, Fragen zur aktuell-expansionistischen Politik des Irak beantwortet sie nicht. Auch keine zur Innenpolitik von Saddam Hussein. Ulla Behr-Kinzel zitiert aus der Satzung der „Deutsch-irakischen Gesellschaft“: „Der Verein dient der Pflege der deutsch-irakischen Freundschaft und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.“

Was an „Gemeinnützigem“ tut denn nun eine ehrenamtliche Vizepräsidentin? Welche menschlichen Beziehungen pflegt sie besonders intensiv? „Ich nehme die Aufgaben wahr, die mir die Gesellschaft überträgt“, sagt Ulla Behr-Kinzel und erzählt dann davon, was ihre diesjährige Aktivität in Bremen war: „Am 28. Juni hatten wir die Präsentation der Deutsch-irakischen Gesellschaft in Bremen. Der Vorstand war hier und der irakische Botschafter. Hauptaufgabe als Vizepräsidentin ist es, den Kontakt zu den arabischen Botschaften zu halten.“

Enger Kontakt zu arabischen Staatspräsidenten

Sie hält nach eigenen Angaben auch engen Kontakt zu den arabischen Staatspräsidenten: „Ich war eingeladen Ende Mai, als das Gipfeltreffen der arabischen Präsidenten stattgefunden hat.“ Eine Bremer Lehrerin mit Ehrenamt eigens zum arabischen Gipfeltreffen nach Bagdad? „Ja“, erläutert sie in aller Selbstverständlichkeit, „damit man die Möglichkeit hat, direkt mit den Präsidenten zu sprechen. Ich habe diese Kontakte. Das erweckt auch den Neid.“

Sie arbeitet also bevorzugt machthaber-nah. „Nein“, widerspricht sie: „Ich gehe im Irak auch zu ganz einfachen Leuten nach Hause. Ich habe viele Kontakte.“ Sie habe schließlich in den 70er Jahren als erste weibliche Hochschullehrerin an der Universität Bagdad gelehrt.

Davon, daß ihr besonders viel an den Kontakten zu Botschaftern liegt, gab Ulla Behr-Kinzel erst kürzlich ein Zeugnis: Am 15. November hatte der Bremer „Deutsch-arabische Club“ in der Bremischen Landesvertretung in Bonn arabische Botschafter zu einer „Präsentation“ mit Abendessen eingeladen. Nicht auf der Gästeliste vorgesehen: Ulla Behr- Kinzel. Doch davon ließ sich die Bremer Vizepräsidentin nicht abhalten.

„Der Irritationsbereich, der sich ist groß“

Mit Chauffeur fuhr sie in einer saudischen Botschafter-Limousine selbstbewußt vor und begehrte Einlaß. Der Vertreter der Senatorin in Bonner Landesvertretung, Jürgen Schroeter: „An der Tür gab sie an, sie sei vom saudi-arabischen Botschafter eingeladen. Doch dieser sagte, davon wisse er nichts. Wir haben diese Dame daraufhin sehr eindrücklich gebeten zu gehen, was sie unter erheblichem Mißmut auch tat.“

Dieses Verhalten der Vizepräsidentin ist für Schroeter nicht die feine Bremer Art: „Ich finde das nicht in Ordnung, daß da jemand aufkreuzt und Märchen auftischt. Der Irritationsbereich, der sich mit dem Namen Behr-Kinzel verbindet, ist groß.“

Über die deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen, die ihre Gesellschaft außer „menschlichen und kulturellen Kontakten“ anbahnt, erzählt Ulla Behr nur sehr einsilbig: „Ich vermittle in alle Golfländer Reisen. Und helfe, weil es schwierig ist, Visa zu bekommen.“ Was sie aber nicht erzählt: Daß sie beispielsweise nach dem Ende des Iran- Irak-Krieges zur Bagdad-Messe anreiste, mit einer Delegation der „Ghorfa“. Und was „Ghorfa“ ist, steht im „Spiegel“ ausführlich recherchiert zu lesen: „Eine arabisch-deutsche Handelsvereinigung, die von deutschen Nahost- Exporteuren jährlich Bakschisch in Millionenhöhe kassiert und im feinen Bonner Stadtteil Bad Godesberg residiert.“

Chef der „Ghorfa“ ist der Saudi-Araber Abbaz Faig Ghazzawi. Sein Beruf: Botschafter. Auch ein Mann im „Irritationsbereich“.

Barbara Debus