: Abmarsch an den Golf behindert
■ Aktionen in Oldenburg und Garlstedt / „Eigentlich der Ort, wo man die Soldaten aufhalten kann“
Am vergangenen Wochenende hat sich die US-Kaserne bei Garlstedt geleert. Über 2.000 SoldatInnen stiegen nach und nach in komfortable Reisebusse, um von Hamburg aus nach Bahrein zu fliegen. Von dort sollen sie in Saudi Arabien bis 300 Meilen vor der irakischen Grenze vorrücken.
Während in Oldenburg gegen den Abflug bundesdeutscher Jagbomber in die Türkei protestiert wurde (vgl. S. 3), ging auch die Abreise der Garlstedter „Hell on Wheels“ nicht ungestört vonstatten: Knapp vierzig DemonstrantInnen aus Bremen und umzu fanden sich Samstag mittag am Kasernentor ein — mit dem Gefühl, „daß das eigentlich genau der Ort war, wo man die Soldaten hätte aufhalten können“, so die Anti- Militaristin Ursula Prahm.
Die DemonstrantInnen trugen Transparente des „Blaumeier Ateliers“ vor sich her, auf denen waren — blutgefleckt — Namen und Geburtsdaten junger Männer im wehrfähigen Alter aufgeschrieben. Die KriegsgegnerInnen konzentrierten sich zunächst darauf, leere Reisebusse bei ihrer Einfahrt in die Kaserne zu stoppen. Die ersten Polizeibeamten — von der Aktion überrascht — trafen erst zehn Minuten später vor der Kaserne ein.
Ab 12.30 Uhr blockierten DemonstrantInnen viermal nacheinander vollbesetzte, ausfahrende Busse. Zwei Busfahrer der Firma „Erwin Becker, Tostedt“ stoppten dabei jedoch nicht vor den Transparenten, sondern fuhren direkt auf die Menge zu. Mit der Folge, daß die Busfahrer nicht nur DemonstrantInnen, sondern auch mit ihnen rangelnde Polizei
hier bitte das Foto
mit den Demonstranten
vor dem Bus
...Friedensfreunde vor der Kaserne her:
beamte — inklusive des Einsatzleiters Günter Frankenfeld — im Schrittempo vor sich herschoben. Ursula Prahm: „Die Polizei hat zugelassen, daß ein Busfahrer sie und uns genötigt hat.“ Da es die Beamten versäumt hatten, den Verkehr auf der Gegenfahrbahn zu sperren, wurden immer wieder DemonstrantInnen von Beamten vor fahrende Autos geschubst.
Ergebnis der gewaltfreien Aktion: Zwischen 12.30 und 14.30 Uhr konnte die Abfahrt von vier mit Soldaten vollbesetzten Bussen zwar nicht verhindert, aber um jeweils 20 Minuten verzögert werden.
Gestern, Sonntag, fanden sich bei Nieselregen und Kälte noch einmal 15 KriegsgegnerInnen vor dem Kasernentor ein und harrte dort drei Stunden aus. Zum Busse-Blockieren reichte dieses Aufgebot der Bremer Friedensbewegung — auch angesichts der massiven Polizeipräsenz — nicht aus. Heute, Montag, soll der Abtransport fast aller 4.000 Garlstedter GIs abgeschlossen sein. Zurück bleiben nur Kranke und schwangere Soldatinnen, die sechs Wochen nach der Entbindung hinterher fliegen müssen.
Von den 4.000 SoldatInnen der Panzerdivision „Hell on wheels“ selbst kam nur wenig Widerstand
gegen ihre Verlegung nach Saudi- Arabien. Zwar waren über zwanzig GIs beziehungsweise deren deutsche Lebensgefährtinnen mit der Bremer Friedensbewegung in Kontakt getreten und hatten sich über Möglichkeiten des Verweigerns und Desertierens erkundigt, auch hatten sieben US-Soldaten mit Hilfe eines US-Priesters an ihren Anträgen zur „Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen“ gefeilt: Doch faßten schließlich nur zwei GIs den Entschluß, ihren Antrag auch tatsächlich beim Vorgesetzten abzugeben.
Die beiden Verweigerer erhielten ebenfalls den Befehl, in die Reisebusse nach Hamburg einzusteigen. Bis Redaktionsschluß war unklar, wie es dem Verweigerer Bobby Chandler dabei ergangen war. Sein First Sargeant war nur bereit, Chandlers Lebensgefährtin den Satz mitzuteilen: „Er ist weg.“ Er ließ offen, ob Bobby Chandler im Militärgefängnis in Garlstedt sitzt oder in Handschellen gefesselt unterwegs zum Golf ist.
Unter den abfahrenden SoldatInnen kursierte derweil das Gerücht, ein weiterer GI komme nicht mit. Er habe sich in der Kaserne erschossen. Barbara Debus
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen