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Standbild: Genmanipulation der richtige Weg!

■ "Mary's Baby Die Geburt einer neuen Rasse", Sa., 20.15 Uhr

Nach langjährigen Genversuchen ist es gelungen: Das Gorillaweibchen Mary hat, künstlich befruchtet mit dem Samen des verantwortlichen Biologen, einen Hybriden geboren — „eine ganz neue Spezies mit der Intelligenz des Menschen, aber ohne seine mörderischen Aggressionen“. Wegen seines absolut identischen Aussehens mit einem Menschen überlebt das Wesen. Er wird — ganz Mensch — Soldat und schläft mit einer Frau. Erst als er um seine Herkunft weiß, geht er zugrunde. Ausgerechnet seine Affenmutter kriegt im Film den Part des moralischen Gewissens zugeschoben und muß ihn töten. Aber — die Geister, die wir riefen — er hinterläßt ein Kind.

Ein bißchen zuviel heile Welt mit sorgenden Müttern, frömmelnden Wissenschaftlern und lockigen Jungfrauen. Daß die naive Handlung des Films hier — wie scheinbar in Großbritannien — eine breite Diskussion über Genmanipulation auslöst, halte ich für einen frommen Wunsch.

War ich bis vorgestern abend auf der Seite der unschuldig weißen Petunien und vehemente Gegnerin der Freilandversuche mit springenden Genen, so muß ich meine Ansicht nun revidieren. Mensch, das isses doch! Genmanipulierte Kreuzungen zwischen Mensch und Affe bis — immer schön nach den Mendelschen Gesetzen — die Menschheit sich langsam aber sicher in Wesen und Aussehen in Affen verwandelt hat.

Im Film hieß es, die Züchtung eines menschlichen Hybriden sei „ein Sprung zurück“. So ein Unsinn. Es ist die Chance! Seit Jane Goodall wissen wir doch, wie nett es bei den Schimpansen zugeht. Als Affen müßten wir zurück auf die Bäume; mithin gäbe es eine dringende Notwendigkeit die Wälder zu erhalten. Wir hätten ein dichtes wärmendes Haarkleid; kein Grund mehr sich an den Ölfeldern Kriege zu liefern. Wir fräßen friedlich Gras und kraulten uns gegenseitig das Fell.

1965 erzog man die Kinder in der Schule mit einem Biologiebuch, wonach der Mensch im Gegensatz zum instinktgeleiteten Tier „aufgrund von Erfahrungen und Überlegungen, einsichtig und aus freiem Entschluß“ handle. Ferner habe der Mensch es nicht zuletzt durch die Fähigkeit des Sprechens „verstanden, sich von der Umweltgebundenheit des Tieres zu lösen“. Die Fähigkeit des Affen zu lernen hingegen beruhe auf „Nachahmung, Versuch und Irrtum“. Wahrscheinlich haben wir das damals geglaubt.

In der Tat haben wir es geschafft, uns von der Umweltgebundenheit zu lösen, indem wir diese samt dazugehöriger Flora und Fauna ausrotten. Die „überragende Größe des menschlichen Gehirns“ und der „freie Entschluß“ läßt zur Zeit mehr als eine Million Männer am Golf bei 50 Grad Hitze Sand aus ihren Gewehrläufen pulen, damit sie sich hinterher besser totschießen können. Die Affen können im Gegensatz zu uns offensichtlich tatsächlich aus Irrtümern lernen.

Mein Biologiebuch wies 1965 schon die Richtung: „Schlechte Erbanlagen durch entsprechende Wahl des Ehepartners von seinen Kindern fernzuhalten, ist des Menschen höchste sittliche Pflicht.“ Ich empfehle Nächte mit Mary! Und hilfreiche Genpanscher muß es haufenweise geben. Sigrid Bellack

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